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Hamburg

Wegweisend: Wedel bekommt Straßenschilder für Sehbehinderte

Maike Schade
Maike Schade

Ein einzigartiges Projekt: Ein Wedeler hat Mini-Straßenschilder entwickelt, die in der Rolandstadt auf 1,40 Metern Höhe angebracht werden und Sehbehinderten, Rollstuhlfahrern, Schulkindern und "Dauer-Smartphone-Nutzern" bei der Orientierung helfen.

Wer keine Straßenschilder lesen kann, ist orientierungslos. Wedel ist die erste deutsche Stadt, die hier eine Lösung hat: Auf 1,40 Metern Höhe werden an Straßenpfosten Mini-Schilder angebracht, die aus der Nähe entziffert werden können. Ein einzigartiges Projekt, das hoffentlich bald auch in anderen Städten Schule machen wird.

Der blinde Wedeler Volker König hatte die Idee

Entwickelt hat sie Volker König. Der 75-jährige Wedeler ist 1968 an den Folgen einer Diabeteserkrankung erblindet und wird seit 1986 vom Sozialministerium in Schleswig-Holstein als Privatperson gefördert, um ehrenamtlich innovative Projekte zur Inklusion behinderter Menschen voranzubringen. Eines davon ist beispielsweise der Planetenlehrpfad in Wedel, auf dem auch Blinde die Dimensionen unseres Sonnensystems im Wortsinn begreifen können. Auf die Idee mit den Mini-Schildern kam er im Urlaub, wo ein Bekannter mit Restsehvermögen die Straßenschilder in 2,50 Metern Höhe nicht entziffern konnte und kurzerhand den Pfosten hinaufkletterte.

Nach jahrelangen Mühen wird das Projekt umgesetzt

Seit 2012 hat König für die Umsetzung seiner Idee gekämpft, doch die Finanzierung war langwierig. Die ersten 118 Schilder, so erzählte uns Volker König, wurden ausschließlich durch Social Sponsoring finanziert. Und weiter: "Die Herstellung der insgesamt 253 neuen Schilder wurde durch eine Förderung der Staatskanzlei Schleswig-Holstein ermöglicht, die die Mittel aus einem Fond zur Beseitigung physischer Barrieren zur Verfügung gestellt hat. Voraussetzung für eine Förderung war, dass das Projekt innovativ sein musste, möglichst viele Menschen hilft, und dass der Projektträger sich mit einem Eigenanteil beteiligt." Gemeinnütziger Projektträger ist der Arbeiter-Samariter-Bund Regionalverband Pinneberg/Steinburg. Den Eigenanteil für das Projekt hat die Stadtsparkasse Wedel zur Verfügung gestellt.

Großteil der Schilder im Januar 2020 angebracht

118 Schilder hängen schon, 129 werden vom Bauhof der Stadt Wedel nun befestigt – unentgeltlich. Die restlichen 124 Schilder wurden bis Ende Januar 2020 bei der Firma Drei-D Formenbau fertiggestellt und anschließend ebenfalls an den richtigen Stellen befestigt.

Orientierungshilfe nicht nur für Sehbehinderte

Ganz bewusst wurde entschieden, lateinische Buchstaben und nicht die Brailleschrift für Blinde zu verwenden: Laut König beherrschen sie nur zehn Prozent der Betroffenen, und "blinde Menschen würden die Schilder, die nicht nach einer Systematik im öffentlichen Verkehrsraum angeordnet sind, vermutlich nur rein zufällig mit ihrem Langstock finden." Stattdessen sollen sie Menschen mit Restsehvermögen, die die hochhängenden regulären Straßenschilder nicht entziffern können, die Orientierung erleichtern. Und nicht nur ihnen: Auch Rollstuhlfahrer, Kinder und "Dauer-Smartphone-Nutzer" (König), die mit gesenktem Kopf unterwegs sind, können von ihnen profitieren.

Ehrenamt in Hamburg: Diese Vereine brauchen eure Unterstützung

Hamburg hat zwar (noch?!) keine Straßenschilder für Sehbehinderte. Dafür aber einige Vereine, die sich für soziale Projekte einsetzen. Helft doch auch mit, die Welt ein bisschen besser zu machen: Ehrenamt in Hamburg.