
Tschüss, Alsterblick? Neuer S-Bahn-Tunnel wird realistischer
Einer unserer liebsten Nur-in-Hamburg-Momente: Wenn die S-Bahn über die Alster zu schweben scheint. Den könnte es aber nicht mehr allzu lange geben. Denn ein neuer S-Bahn-Tunnel nach Altona soll her. Eine Machbarkeitsstudie prüft nun die Umsetzung.
Verträumtes "Ooh" und "Aah", verklärter Blick – jeder Hamburger hat wohl schon mal mit leicht entrücktem Gesichtsausdruck den Blick aus der S-Bahn auf den Jungfernstieg genossen. Wer trotz Alster-Überfahrt nur Augen fürs Smartphone hat, dem ist beim besten Willen nicht mehr zu helfen. Doch in Hamburg sagt man eben auch Tschüss – und dieser wohltuende Moment während der Fahrt mit S11, S21 oder S31 zwischen Hauptbahnhof und Dammtor könnte Geschichte werden. Ab Mitte der 2030er-Jahre nämlich. Ab dann wird es in Richtung Altona womöglich keine oberirdische S-Bahn mehr geben. So lautet der zugegeben ehrgeizige Plan.
Von der fixen Idee zu konkreten Plänen
Wem wir den zu verdanken haben? Enak Ferlemann (CDU), ehemaliger Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Vor gut zwei Jahren war ihm die Idee gekommen, weshalb in der Diskussion auch vom "Ferlemann-Tunnel" die Rede war. Mittlerweile hat sich die sperrige Bezeichnung "Verbindungsbahnentlastungstunnel" etabliert, kurz: VET. Der Gedanke: Die heutige Strecke der Verbindungsbahn zwischen Hauptbahnhof und Altona über Dammtor, Sternschanze und Holstenstraße soll nur noch für den Fern- und Regionalverkehr genutzt werden, der dann auf vier statt auf zwei Gleisen rollen könnte. Zwei neue, eingleisige Röhren sollen die S-Bahnen vom Hauptbahnhof unter der Alster entlang bis zum neuen Fernbahnhof Diebsteich leiten. Der mit täglich 500.000 Fahrgästen, 300 Regional- und Fernzügen sowie 900 S-Bahnen rettungslos überlastete Hauptbahnhof könnte so etwas befreit werden. Dass es langsam ernst wird, zeigen die Gespräche zwischen Deutscher Bahn, dem Bund und dem Hamburger Senat. Die drei Parteien gaben am 20. Januar 2022 den Startschuss für eine neue Machbarkeitsstudie. 1,5 Millionen Euro will der Bund dafür zur Verfügung stellen.
(K)Ein Ding der Unmöglichkeit: Startschuss für Machbarkeitsstudie
Der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks, der sich anfangs noch zurückhaltend zeigte, begrüßt die Pläne nun, auch in Hinblick auf den geplanten Deutschlandtakt der DB. "Der neue Tunnel ist ein zentraler Schlüssel für den Deutschlandtakt an einem der wichtigsten Eisenbahnknoten Deutschlands. Mit dem Deutschlandtakt verbessern wir die nationale und internationale Erreichbarkeit Hamburgs deutlich."
Die Machbarkeitsstudie wird sich auf drei mögliche Streckenführungen konzentrieren. Der rund sechs Kilometer lange Tunnel könnte einem ähnlichen Verlauf wie die Verbindungsbahn folgen, was – insbesondere am Dammtor – allerdings zu erheblichen Verkehrsbehinderungen während der Bauzeit führen würde. Die anderen beiden Vorschläge sehen einen weiter südlicheren oder nördlicheren Verlauf der Strecke vor. Und warum schickt die Deutsche Bahn nicht einfach ihre Regional- und Fernzüge in den neuen Tunnel? Berechtigte Frage, die von der Politik mit geringeren Kosten veragumentiert wird. Eine S-Bahn ist leichter und kürzer als etwa ein ICE und benötigt zudem keine Oberleitungen.
Und wie viel kostet das Ganze?
Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie wollen Bahn und Stadt Anfang 2023 vorstellen. Klar ist aber schon: Sollte es zur Umsetzung des Megaprojekts kommen, wird sich der Hauptbahnhof für Jahre in eine Baustelle verwandeln. Die neuen Haltestellen müssten tief ins Erdreich gegraben und etliche Gebäude abgerissen werden, um das Vorhaben zu verwirklichen. Erste Schätzungen gingen von drei Milliarden Euro (!!!) Kosten aus. Der Umbau der Verbindungsbahn zur Fernbahnstrecke ist hier allerdings inklusive.
Aktuelles aus dem HVV
Und wie sieht es mit anderen Bahnlinien und neuen Tickets aus? kiekmo klärt über Pläne im HVV und mehr auf.
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