
Wie wir leben wollen: Die Steenkampsiedlung in Bahrenfeld
Zentral und trotzdem im Grünen, individuelle Häuser, die zusammen doch als Einheit erscheinen – das ist die Steenkampsiedlung in Bahrenfeld. Kommt mit auf einen Spaziergang durch die Gartenstadt!
In den Straßen reihen sich kleine Häuser mit kunterbunt gestrichenen Fassaden aneinander, in großen Gärten stehen alte Bäume, rund um den zentralen Platz Vogelweide spielen Kinder, fahren Rollschuh oder malen mit Kreide auf den Boden. Die Nachbarschaft kennt sich und trifft sich auf einen Schnack am Zaun, grüßt aber auch Fremde. Bei einem Spaziergang durch die Steenkampsiedlung fühlt sich Hamburg – also das laute, wilde, großstädtische Hamburg – vor allem eines an: ganz weit weg. Dabei sind es zur Trabrennbahn Bahrenfeld gerade mal zehn Minuten zu Fuß und auch die S-Bahn-Haltestelle Othmarschen ist mit dem Fahrrad in etwa sieben Minuten zu erreichen. Wer davon träumt, ein Häuschen im Grünen zu besitzen, das trotzdem zentral gelegen ist, hat mit einem Grundstück in der Steenkampsiedlung den Jackpot gewonnen.
100 Jahre Steenkampsiedlung in Bahrenfeld
Die ersten Häuser des Projekts Steenkamp entstanden schon um 1914 nach dem Vorbild einer englischen Gartenstadt. Der Erste Weltkrieg unterbrach jedoch den Bau der Siedlung, sodass die Arbeiten erst ab 1919 fortgesetzt werden konnten und etwa bis 1926 andauerten. So entstanden auf nur 22 Hektar Fläche rund um die Ebertallee zwischen Notkestraße im Norden und Osdorfer Weg im Süden circa 670 Einfamilien- und 92 Mehrfamilienhäuser. Die 1923 neu gegründete Siedlungsaktiengesellschaft Altona, heute besser bekannt als SAGA, übernahm die Siedlung nach wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Bauherren – und zog direkt in einem der größeren Gebäude ein. Jahrelang hatte das Wohnungsunternehmen seine Geschäftsstelle im Steenkamp. Aber das nur als Funfact am Rande, denn hier soll es schließlich um die Gartenstadt gehen.
Die Siedlung im Wandel der Zeit
Dass viele der Häuser in der Steenkampsiedlung fast 100 Jahre auf dem Buckel haben, merkt man ihnen nur teilweise an. Denn einige wurden bereits grundsaniert, modernisiert und umgebaut. Allerdings nur so viel, wie der Milieuschutz, unter dem die gesamte Siedlung steht, es zulässt. Das hat dazu geführt, dass die Hausfassaden, die laut Zeitzeugenberichten früher in Erdbeerrot, Gelb, Ocker, Rotbraun und Olivgrün gestrichen waren, heute in fast allen Farben des Regenbogens erstrahlen. Auch ansonsten haben viele Bewohner der Steenkampsiedlung ihren Grundstücken eine individuelle Note gegeben. Und das, obwohl sich die Grundrisse der Häuser erst einmal ähneln und ein stimmiges Gesamtbild des Quartiers erzeugen. Gelungen ist ihnen das vor allem durch die liebevolle Gestaltung von Gärten und Vorgärten. Obstbäume, Hängematten, Strandkörbe und Schaukeln sind hier keine Seltenheit. Einige halten sich sogar Hühner, quasi ein Relikt aus der Anfangszeit der Steenkampsiedlung. Denn ursprünglich waren die Gärten so angelegt, dass eine Selbstversorgung mit Obst, Gemüse und Produkten von Nutztieren möglich war.
In der Steenkampsiedlung ein Haus kaufen: Mission Impossible?
Was früher als Wohnraum für Arbeitende, Angestellte und Kriegsrückkehrer gedacht war, erfreut sich heute vor allem unter jungen Familien immer größerer Beliebtheit. Wer genug vom Altbau mit Balkon in einem der angesagten Stadtteile hat, strebt nach dem nächsten Level. Und das könnte für viele die Steenkampsiedlung sein. Doch wie kommt man hier an ein Haus? Spoiler: Einfach ist das leider nicht …
Seit 2002 verkauft die SAGA die Häuser, die zuvor als reine Mietobjekte (mit vererbbaren Dauermietverträgen) gehandelt wurden. Mieter haben dabei ein Vorkaufsrecht. Ganz uneigennützig ist das nicht, denn die Instandsetzungskosten der in die Jahre gekommenen Häuser würden die SAGA teuer zu stehen kommen. Viele der neuen Hauseigentümer nehmen erst einmal selbst eine Kernsanierung vor. In solch einem Fall mit allem Drum und Dran könnt ihr auf den Kaufpreis also noch mal Kosten von rund 50.000 Euro draufschlagen. Auch die Preise für ein Haus in der Steenkampsiedlung lassen uns erst einmal schlucken. Vereinzelte Angebote für Immobilien sind zwar zu finden, die Kosten liegen hier aber bei 650.000 bis 750.000 Euro – für eine Wohnfläche von 75 bis 89 Quadratmetern. Also in etwa so viel Platz, den wir auch in einer Drei- oder Vier-Zimmer-Wohnung haben. Wir gehen dann mal unseren Familienstammbaum checken, ob wir nicht doch Verwandtschaft haben, die in einem Steenkamp-Haus wohnt …
Gemeinschaftsgefühl in der Steekampsiedlung
Denn trotz vieler Zugezogener gibt es noch Steenkamper, die schon dort geboren wurden. Und die berichten davon, dass die Gemeinschaft und der Zusammenhalt in der Siedlung schon immer sehr stark waren. Vor der Pandemie gab es regelmäßige Feste, Laternenumzüge, Spieleabende, Arbeit mit Geflüchteten, gemeinschaftliches Yoga und viele andere Aktivitäten unter Nachbarn. Sogar ein eigener Saal (der Heimstättervereinigung) steht den Bewohnern zur Verfügung. Einen Ballwurf davon entfernt findet ihr das Café in der Steenkampsiedlung, wo es freitags und samstags nach selbst gebackenem Kuchen duftete. In seiner Erscheinung fügt es sich stimmig in das Erscheinungsbild der gesamten Gartenstadt ein: klein, idyllisch und nachbarschaftlich organisiert.
Infos: Steenkamp, 22607 Hamburg
Die andere Gartenstadt: Fritz-Schumacher-Siedlung
Kennt ihr auch die andere große Gartenstadt in Hamburg? Die Fritz-Schumacher-Siedlung trägt die Handschrift des berühmten Architekten.
Unsere Texte, Tipps und Empfehlungen richten sich an alle, die sich für Hamburg interessieren. Deshalb bemühen wir uns um genderneutrale Formulierungen. Nutzen wir die männliche Form, dient dies allein dem Lesefluss. Wir denken aber stets Menschen aller Geschlechter mit.