
Warum die "Schitti" Nord zum heißen Ding werden könnte
Viel Platz, jede Menge Beton und wenig Menschen: Skater lieben die City Nord. Könnte sein, dass der abgewirtschaftete Stadtteil ein lebendigere Zukunft vor sich hat – wir sagen euch, warum.
Erst groß als State of the Art gefeiert, dann abgewirtschaftet, abgehängt und letztlich fast vergessen. Zum Jahrtausendwechsel schien das Schicksal der City Nord besiegelt. Brachflächen, leere Geschäfte in der Fußgängerzone, jede Menge Platz für Skater und Parkour-Freaks. Irgendwann würde das alles abgerissen, da waren wir uns sicher.
Das Wort von der "Schitti" Nord machte die Runde. Doch jetzt gibt's immer mehr Signale, dass es doch anders kommen könnte. Dass der Stadtteil, der mit seinen freien Bauflächen und dem vielen Platz für große Konzernzentralen einst Hamburgs City-Skyline vor neuen Hochhäusern bewahrte, doch noch eine Zukunft haben könnte. Und zwar eine ziemlich lebendige. Kaum zu glauben, oder? Aber wahr.
Neues Wohnviertel in der City Nord
Denn so wie es aussieht, kommen die Menschen. Und zwar nicht nur zum Arbeiten. Sondern zum Leben, zum Einkaufen und Flanieren. Und zum Übernachten. Die Eröffnung des Holiday Inn hat bereits für eine erhebliche Belebung des Quartiers gesorgt. 2017 hat die Herberge eröffnet, wo zuvor mal die Petroleum AG beheimatet war.
Auch aktuell wird an allen Ecken und Enden des Viertels gebaut. So entsteht auf dem Gelände der 2018 abgerissenen Oberpostdirektion ein Wohnquartier für an die 1.000 Menschen. Auch Bürogebäude wachsen dort in die Höhe. Ipanema nennt sich das Projekt – klingt nach Lebensfreude, oder? Eine Chance auch für die früher mal legendäre, weil über der Erde gebaute Fußgängerzone. Geschäfte auf einem Plateau? War mächtig neu und modern damals. Wurde aber irgendwann zur Geisterstadt, spätestens als die Post dicht machte. Ein paar Imbisse haben überlebt. Doch es keimt wieder Hoffnung: 2023 heißt es: Bye-bye, Postpyramide! Moin, neues Wohnviertel! Denn dann sollen am Überseering auf dem Ipanema-Gelände viele Menschen leben.

Hamburgs zweite Innenstadt
Die Geschichte der City Nord ist rückblickend ziemlich spannend. Das Hamburger Abendblatt hat sie kürzlich aufgearbeitet. Und daran erinnert, dass die Idee einer zweiten Innenstadt Ende der 1950er Jahre gefeiert wurde. So habe etwa der damalige Oberbaudirektor Werner Hebebrand das Projekt in den Himmel gehoben, alle Großstätte Europas würden den Blick neidvoll gen Elbe richten. Nun ja, kam nicht ganz so.
Gescheiterte Nahverbindung
Stattdessen wurde versäumt, den aus dem Boden gestampften Wald von Hochhäusern, für den fast 2.000 Kleingärten und Behelfshäuser weichen mussten, vernünftig an den öffentlichen Nahverkehr anzubinden. Die damals geplante U-Bahn-Linie kam nie, die Ostachse des damals ebenfalls vorgesehenen Netzes von Stadtautobahnen ebensowenig. Wer trotzdem kam, das waren die Konzerne. Unter anderem Hamburg Energieversorger HEW, später Vattenfall, der sich in einem futuristischen und heute denkmalgeschützen Bau des dänischen Stararchitekten Arne Jacobsen niederließ.
Vattenfall zieht jetzt in die HafenCity
Ach ja, der Vattenfall-Bau. Der hat ebenfalls eine Zukunft – obwohl sich der Energieversorger aus der City Nord verabschieden und in einen futuristischen Neubau am Hafen ziehen wird. Das Hamburger Büro Matrix Immobilien hat den Bau von Jacobsen gekauft und verspricht, ihn zu revitalisieren. Vital? Klingt nach Leben, nach Menschen. Vielleicht brechen harte Zeiten an. Und zwar nicht für die "Schitti" Nord am Stadtpark. Sondern für all die Skater und Parkour-Fans, die verlassene Betonwüsten lieben. Sie werden sicher andere Hotspots finden.
Auch hier wird in Hamburg gebaut
Gleich nebenan wird ebenfalls kräftig gebaut: Zwischen Hebebrandstraße und Alte Wöhr entsteht derzeit das Pergolenviertel: Winterhudes neues Vorzeigequartier am Stadtpark.
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