
Neue Mitte Altona: Wo die Straßen Frauennamen tragen
Unter der Forderung „Die Mitte Altona soll weiblicher werden!“ stellten zwei Politikerinnen der GRÜNEN und der SPD 2014 den Antrag, die Straßen der Neuen Mitte nach starken Frauen zu benennen. Vier Jahre später hängen die Schilder – und prägen das Stadtbild mit spannenden weiblichen Biografien.
Seit 2016 kann man der Neuen Mitte Altona buchstäblich beim Wachsen zusehen. Ein Gebäude nach dem anderen wird hier in Rekordgeschwindigkeit hochgezogen, während nebenan noch Brachland auf die Bebauung wartet. Wo ein neues Quartier entsteht, müssen natürlich auch neue Straßennamen her – was in einer eng bebauten Stadt wie Hamburg nur noch selten passiert. Stefanie Wolpert von den GRÜNEN Altona erkannte darin die Chance, für mehr Gleichstellung zwischen den Geschlechtern zu sorgen. Zusammen mit einer Kollegin der SPD wollte sie die Straßen in der Neuen Mitte nach starken Frauen mit spannenden Lebensläufen benennen. In Sachen Gleichberechtigung können die Hamburger Straßen bis jetzt nicht punkten. Den etwas über 2500 Straßen und Plätzen der Stadt, die nach Männern benannt sind, stehen nur rund 400 Straßennamen gegenüber, die Frauennamen tragen. „Dabei ist es für die junge Generation wichtig, dass auch Frauen im Stadtbild erscheinen“, erklärt Stefanie Wolpert. „So wird deutlich gemacht, dass die Geschichte und die Gesellschaft Hamburgs auch durch Frauen geprägt wurde.“ Die Entscheidung, welche weiblichen Namen zukünftig auf den Straßenschildern der Siedlung stehen sollten, fiel nicht leicht: „Wir sind bei der Recherche auf viele tolle Frauen gestoßen“, so Wolpert.
Ehrungen für wertvolle Arbeit in Politik, Kunst und Gesellschaft
Insgesamt zwölf Straßen und drei Plätze mussten neu benannt werden. Bei der Auswahl achteten die beiden Politikerinnen und die zuständige Arbeitsgruppe darauf, unterschiedliche Herkünfte, Biografien und Epochen widerzuspiegeln. „Und ein direkter Bezug zu Altona war uns natürlich wichtig.“ Die finale Auswahl umfasste Musikerinnen, Politikerinnen, Sozialfürsorgerinnen, Autorinnen und andere faszinierende Frauen. Dazu gehört zum Beispiel Felicitas Kukuck: Die deutsch-jüdische Komponistin schloss in den 30er Jahren ihr Studium ab, erhielt aber von den Nationalsozialisten sofort Unterrichtsverbot. Vor der Verfolgung und Ermordung im Dritten Reich rettete sie nur der nicht-jüdische Name ihres Vaters, den sie angenommen hat. Die Stadt Hamburg verlieh ihr für ihr Werk unter anderem den Johannes-Brahms-Preis. Oder Susanne von Paczensky: Während der NS-Zeit diente sie im Schulunterricht als Musterbeispiel eines sogenannten „Rassenmischlings“. Als Journalistin und Autorin setzte sie sich anschließend für Frauenrechte ein und gründete 1982 das Familienplanungszentrum Hamburg. Noch heute berät die Einrichtung junge Frauen und Familien zu Themen wie Sexualität, Verhütung und Schwangerschaft. Für eine ganz andere Leistung wurde Elfriede Land ausgewählt: Sie war die erste Busfahrerin Deutschlands. Bis 1975 fuhr sie auf der Strecke zwischen Rathausmarkt und Langenfelde. Der Platz der Arbeiterinnen im südlichen Teil des Quartiers hingegen soll nicht eine einzige Person ehren. Hier will die Stadt auch an all die Frauen erinnern, die sich in in Männerdomänen wie dem Hafen oder der Tabakindustrie behauptet haben.