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Marlowe nature
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Rotherbaum

Marlowe nature: "Ökomode ist nicht zu teuer"

Jennifer Meyer
Jennifer Meyer

Dass Fast Fashion zu einem Problem geworden ist, weiß mittlerweile jeder. Oder? Wir haben mit Laura Ott und Lena Schulz von Marlowe nature über nachhaltige Mode und die Fashion-Industrie gesprochen.

Als Uli und Manfred Ott – die Eltern von Laura Ott und Lena Schulz – den ersten Marlowe nature Store in Rotherbaum eröffneten, war das Thema nachhaltige Mode für die meisten noch Neuland. Heute, 27 Jahre später, ist es deutlich präsenter in unserer Gesellschaft. Marktanteile und Umsatz von fair gehandelter Moder steigen laut des Umweltbundesamts stetig. Und trotzdem: Im Vergleich zur konventionellen Modeindustrie ist Fair Fashion nach wie vor ein Nischenprodukt.

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Im Grunde wissen wir alle, dass Fast Fashion ein Problem unserer heutigen Gesellschaft ist. Die Mehrheit der Menschen konsumiert diese Kleidung aber trotzdem. Wieso ist das so

Lena: Weil das nichts ist, dass vor unserer Haustür passiert. Viele haben das zwar im Hinterkopf, sind in dem Augenblick des Einkaufs aber so begeistert von einem Teil zu einem für sie guten Preis, dass sie es trotzdem mitnehmen.

Laura: Ich glaube außerdem, dass wir Menschen ganz groß im Verdrängen sind. Das heißt, wir wollen uns Sachen nicht bewusst machen. Außerdem machen es die anderen ebenso falsch, dann ist das nicht ganz so schlimm, wenn ich jetzt mal ein Teil kaufe, dass vielleicht nicht unter so tollen Bedingungen produziert wurde.

Und als wie schlimm empfindet ihr es, wenn man das mal macht?

Lena: Ich finde, man muss da sein ganzes Leben betrachten und nicht nur die Mode. Es gibt so viele Bereiche, in denen man etwas tun kann. In der Ernährung, in der Kosmetik, Fortbewegung, Urlaubsplanung. Wer nachhaltiger leben möchte, fängt am besten mit einem Lebensbereich an, bei dem einem die Umstellung nicht schwerfällt. Niemand von uns ist perfekt und es gibt nur ganz wenige Menschen, die ihr komplettes Leben nachhaltig leben. Ich finde es okay, wenn jemand für sich Abstriche macht. Man sollte aber versuchen, sich stetig weiterzuentwickeln.

In welchen Bereichen setzt ihr denn auf Nachhaltigkeit? Und gibt es Bereiche, in denen ihr euch weiterentwickeln könntet?

Lena: Im Textilbereich setzen wir auf jeden Fall beide auf Nachhaltigkeit. Natürlich wurden wir da aber auch hineingeboren. Ein Teil meines Lebens, das nicht so nachhaltig ist, ist mein Fleischkonsum. Ich esse Fleisch. Ich gucke aber, wo es herkommt und möchte im Zweifel eher wissen, wie die Kuh hieß als Fleisch von einem Rind aus Massentierhaltung zu essen. Trotzdem weiß ich, dass das in puncto Nachhaltigkeit ein No-Go ist, und dass man da vielleicht auch ein Zeichen setzen und auf Fleisch verzichten müsste.

Es gibt ein Vorurteil über Fair Fashion, das sich hartnäckig hält: Nachhaltige Mode ist nicht trendig. Was sagt ihr dazu?

Laura: Ich dachte, dieses Vorurteil gibt es bereits seit zehn Jahren nicht mehr (Lacht). Ich kenne den Gedanken noch von früher und bin in der Revolution meiner Teenagerjahre auch zu H&M gegangen und habe mich dort eingekleidet. Ich merke aber – auch an Lenas 15-jähriger Tochter –, dass sich da so viel entwickelt hat. Auch sie findet heute tolle Klamotten bei uns im Laden. Denn in den letzten zehn, fünfzehn Jahren sind auch viele junge Menschen an den Start gegangen, um nachhaltige Mode zu kreieren. Armed Angels ist jetzt zum Beispiel zehn Jahre alt und ist eine der günstigsten und größten Fair-Fashion-Labels. Und es ist zurzeit angesagt. Deshalb versteh ich diese Diskussion eigentlich gar nicht.

Braucht man viel Geld, um sich mit nachhaltiger Mode einzukleiden?

Laura: Ich denke, die meisten, die nachhaltige Mode kaufen möchten, können nicht so weiter konsumieren, wie sie es bisher getan haben. Wer sonst regelmäßig bei H&M mit zwanzig Teilen rausgegangen ist, kann das bei Fair-Fashion-Labels nicht. Es sei denn, man hat wirklich sehr viel Geld. Viele Menschen, die sich dazu entscheiden, überdenken ihr Konsumverhalten aber meist insgesamt. Dass man weniger kauft, dafür aber hochwertiger und überlegter. Ein Teil für 5 Euro darf ruhig mal ein Fehlkauf sein, aber ein Teil für 80 oder 100 Euro, das man nicht trägt, tut schon weh.

Fast Fashion liegt zurzeit im Trend. Spürt ihr das?

Lena: Ja, durchaus. Der konventionelle Textilmarkt hatte in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten, während der nachhaltige Bereich einen Zuwachs hatte. Und das spüren wir auch im Laden. Generell haben wir eine tolle Mischung aus langjährigen Stammkunden und immer neuen Gesichtern.

Denkt ihr, es reicht, dass immer mehr Konsumenten Fair Fashion nachfragen, um die Modeindustrie zu verändern oder müsste da auch politischer Druck von oben kommen?

Laura: Bis vor ein paar Jahren dachte ich, dass jeder für sich allein entscheiden sollte, wie er konsumiert und wenn sich jeder richtig entscheidet, dann wird das schon. Ich habe wirklich daran geglaubt, dass jeder die Macht hat, die Welt zu verändern. Als ich aber angefangen habe, mich mit dem Thema Zero Waste und Plastikvermeidung auseinanderzusetzen, habe ich gemerkt, dass, wenn ich nicht selbst immer vorbereitet bin, mein Wille, die richtige Entscheidung zu treffen, nicht immer ausreicht. Der Markt gibt das einfach nicht her. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass es wichtig ist, dass Gesetze von oben kommen, die uns Verbrauchern dabei helfen, das Richtige zu tun.

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Was würde das, bezogen auf die Modeindustrie, bedeuten?

Laura: Die komplette Modeindustrie in Deutschland ist reguliert – inklusive Arbeitsschutzgesetzen. Nur weil man als deutsches oder schwedisches Unternehmen sein Sortiment in einem Land auf der anderen Seite der Welt produzieren lassen kann, das seine Arbeiter nicht schützt, ist es für uns möglich, für wenig Geld Kleidung zu kaufen, die unter schlechten Bedingungen hergestellt wurde. Und da ist die Politik auf jeden Fall gefragt.

Wie wird der Modemarkt in zehn Jahren aussehen?

Laura: Ich denke, es wird sich viel tun in den kommenden Jahren. Man hat es in der Lebensmittelindustrie gesehen, wie sehr die sich verändert hat und was es alles für innovative Ideen gibt. Da bin ich für die Fair-Fashion-Branche ebenso zuversichtlich.

Lena: Dafür muss sich aber natürlich auch im Bewusstsein der Menschen viel entwickeln. Ich fände es schön, wenn wir uns zu der Überzeugung hin entwickeln, dass Ökomode nicht teuer ist, sondern Fast Fashion zu billig. Denn das, was ich in Deutschland nicht bereit bin zu zahlen, zahlt am anderen Ende der Welt jemand – teilweise mit seinem Leben. Und das muss man sich immer wieder bewusst machen.

Infos: Marlowe nature, Beim Schlump 5, 20144 Hamburg

Nachhaltig Klamotten shoppen – auch mit wenig Geld

Wer nachhaltig Mode shoppen möchte, zurzeit aber einfach nicht das nötige Kleingeld dafür hat, sollte sich einfach mal in den vielen tollen Secondhand-Läden in Hamburg umschauen. Wir haben für euch die schönsten in Altona, Wandsbek, Hamburgs Osten und Hamburgs Westen. Viel Vergnügen beim Shoppen ohne schlechtes Gewissen.

Unsere Texte, Tipps und Empfehlungen richten sich an alle, die sich für Hamburg interessieren. Deshalb bemühen wir uns um genderneutrale Formulierungen. Nutzen wir die männliche Form, dient dies allein dem Lesefluss. Wir denken aber stets Menschen aller Geschlechter mit.