
In St. Georg willkommen: Das KIDS hat ein neues Zuhause gefunden
Seit November 2017 hat das KIDS die Tür seiner neuen Bleibe in St. Georg geöffnet – für Minderjährige, die kein Zuhause mehr haben. Hier bekommen sie, was ihnen fehlt: Fürsorge, Menschlichkeit und vielleicht eine neue Chance.
Das KIDS, vom Verein Basis und Woge, hat Ende vergangenen Jahres offiziell seine neuen Räume in der Langen Reihe eingeweiht. Nachdem "Deutschlands größte Anlaufstelle für Straßenkinder" vor rund einem Jahr seine Bleibe im Bieberhaus räumen und viel zu lange in provisorischen Container hausen musste, hat sie in St. Georg eine neue Heimat gefunden. Viele Sofas, ein Billardtisch, ein Kicker und eine gemütliche Küche mit großem Esstisch – der großzügige Gemeinschaftsraum wirkt ein bisschen wie in einer WG. Neben dem Büro der Mitarbeiter ist ein kleiner Raum für eine medizinische Grundversorgung eingerichtet. "Entscheidend für unsere Arbeit ist, dass die Räumlichkeiten eine gute Atmosphäre haben", erklärt der Leiter Burkhard Czarnitzki, "die Jugendlichen sollen sich wohlfühlen." Denn die Minderjährigen, die hier auftauchen, suchen vor allem eines: Wärme. Im Winter auch physische, aber vor allem zwischenmenschliche. Sie sehnen sich nach einem Ort, an dem sie runterkommen können, etwas zu essen bekommen und wo ihnen jemand zuhört. "Oft kommen sie mit einem Sack voller Probleme", sagt Czarnitzki, "und merken dann, dass sie hier einfach nur sein dürfen." Niemand wird hier zu etwas gezwungen, was er nicht selbst möchte, nur ihren Vornamen müssen alle – aus Höflichkeit – nennen.

Jährlich werden rund 300 bis 500 Minderjährige im KIDS (Kinder in der Szene) versorgt, etwa 30 pro Tag. Nicht alle kommen regelmäßig oder haben schwerwiegende Probleme. Doch viele der Jugendlichen, die hier aufschlagen, sind durch Missbrauch traumatisiert oder haben desinteressierte Eltern, die ihre Kinder ablehnen und alleine lassen. Die Kinder haben zwar noch ein Elternhaus, aber kein Zuhause, in dem sie sich wohlfühlen und angenommen werden. Um dem zu entkommen, schlafen sie bei Freunden, in Jugendwohnungen oder auch auf der Straße. Doch das Wort "Straßenkinder" benutzt Burkhard Czarnitzki allerdings ungern. "Die meisten denken dabei sofort an Drogenabhängige, die unter einer Brücke schlafen", erklärt er, "was auch zutrifft, aber nicht nur." Viel deutlicher spiegele der Fachbegriff "entkoppelte Jugendliche" die Situation wider. Denn das Grundproblem sei nicht die Wohnsituation, sondern der fehlende Halt in ihrem Leben und dass sie nirgendwo andocken können. Ein wenig von dem, was sie vermissen, finden sie im KIDS, das die Lücke zwischen dem lieblosen Elternhaus und den statischen Behörden schließt.
Gemeinsam herausfinden, wohin die Reise geht
Anders als das Jugendamt haben die Sozialarbeiter im KIDS, auch bei erkennbaren Missständen, nicht den staatlichen Zwang, sofort und konkret handeln zu müssen. Hier geht es zunächst um eine Grundstabilisierung wie eine Mahlzeit, aber vor allem versuchen die Mitarbeiter, über viele Gespräche eine Beziehung zum Jugendlichen aufzubauen. "Gemeinsam mit dem Betroffenen wollen wir herausfinden, wie seine Reise weitergehen kann", erklärt Czarnitzki, "und das in seinem Tempo." Viele Jugendliche bedeuten viele Bedürfnisse. Die elf Sozialarbeiter sind darauf eingestellt, ihre Unterstützung reicht vom Arztbesuch bis zur Entgiftung. Dafür zapfen sie regelmäßig ihr Netzwerk an, das sich jeder über Jahre hinweg aufgebaut hat. "Wir haben mühsam Kontakte zu Institutionen, Vereinen und im medizinischen Bereich geknüpft", erzählt Czarnitzki. "Denn wir müssen oft schnell in andere Bereiche vermitteln können." Dass die Jugendlichen das KIDS annehmen und schätzen, zeigt die Mund-Propaganda, durch die alle ihren Weg hierher finden. Und immer mal wieder schaut auch ein ‚Ehemaliger‘ vorbei. "Das zeigt, dass unsere Arbeit funktioniert", sagt Czarnitzki und freut sich. "Für sie ist das KIDS der Ort, an dem sie Geborgenheit erlebt haben."