
Eine Frau, die einfach macht: Dannie Quilitzsch
Frauen vernetzen, Kinder in Krisengebieten stabilisieren, Wasser für alle – Dannie Quilitzsch zieht viele soziale Strippen. Ihr Antrieb: die Welt ein bisschen besser machen. Und das am besten gemeinsam.
Dannie, du steckst in so vielen unterschiedlichen Projekten. Wie bezeichnest du dich?
"Das stimmt, ich habe mehrere Hüte auf, deshalb kommt es immer auf den Kontext an. Aber grundsätzlich bin ich Psychologin, Beraterin und Coach. Und arbeite hauptsächlich im Bereich Social Entrepreneurship als Gründerin und Unternehmerin, aber auch in beratender Funktion sowohl für große Dax-Unternehmen als auch für kleine Social Start-ups."
Wonach entscheidest du, an was und mit wem du zusammenarbeitest?
"Es ist mir bei den Social Start-ups wichtig, dass die Idee und das Konzept innovativ auf dem Markt sind. Und ob es dafür überhaupt einen Bedarf gibt und somit eine reelle Wirkung nach sich zieht."
"Ich erkenne schnell, was Sinn macht"
Vertraust du deiner Intuition, ob ein Projekt funktionieren wird?
"Vieles entscheide ich aus dem Bauch heraus, wobei mein Bauch und mein Verstand sehr eng zusammenarbeiten. Durch meine jahrelange Erfahrung erkenne ich schnell, was Sinn macht. Natürlich prüfe ich auch, ob eine gute Marktanalyse gemacht wurde, ob Kompetenzen, Gründerpersönlichkeit und das Netzwerk vorhanden sind und wie hoch die Motivation ist. Oder zum Beispiel auch, ob die Idee so innovativ ist, dass sie Medienpartner und Multiplikatoren erreicht."
Welcher Aspekt hat dich bei War Child gepackt?
"Natürlich gibt es bereits viele Projekte, die sich um Kinder kümmern, auch War Child gibt es weltweit schon lange. Meine Partnerin und ich haben jetzt die Organisation nach Deutschland, mit Sitz in Hamburg, geholt. Für mich als Psychologin und Therapeutin ist es sehr interessant, dass War Child psycho-soziale Programme entwickelt, evaluiert und erforscht. Wir schaffen etwas Funktionierendes. Dann teilen wir es mit anderen Organisationen wie Save the Children und Unicef. So erzeugen wir eine Reichweite in die ganze Welt, damit noch mehr Kindern in Krisengebieten geholfen werden kann, mehr als wir es alleine mit War Child schaffen könnten. Das ist, was mich an Social Entrepreneurship am meisten reizt – etwas zu kreieren, das über einen Skalierungseffekt einen reellen sozialen Wandel mit sich bringt."
Ein anderes deiner Projekte hier in Hamburg ist der Women’s Hub, an dem drei Mal im Jahr 50 Frauen einen Tag lang zusammenkommen. Was steckt dahinter?
"Auch dabei ist mein Antrieb, zu überlegen, wie man unsere Welt besser machen kann – das klingt zwar pathetisch, aber tatsächlich geht es genau darum. Ich bin überzeugt, dass wir unser ganzes Potenzial nur entfalten können, wenn wir es gemeinsam tun. Der Women’s Hub will eine Gemeinschaft aus Frauen sein, die sich gegenseitig unterstützen. Beim Women’s Hub Day kommen 50 Frauen zusammen, fünf davon nutzen diesen Tag, um ihre Visionen oder Projektideen zu teilen, um sich Feedback darauf oder auch ganz konkrete Unterstützung für die Umsetzung einzuholen. Wir schaffen einen Raum, in dem sich Frauen trauen, ihre Ideen zu erzählen, sich auszuprobieren und gegenseitig zu inspirieren – nicht nur persönlich, wir schüren auch, dass die Frauen gemeinsam Business machen, sich gegenseitig buchen oder Aufträge vergeben, um sich so auch in diesem Bereich zu fördern."
Warum brauchen Frauen dafür noch immer einen geschützten Raum?
"Der geschützte Raum wird gebraucht, damit Frauen sich stärken können, um dann gemeinsam in die Welt rauszugehen. Wir sind nicht geübt darin, uns zusammenzuschließen. Wenn man sich Statistiken ansieht, ist die Redezeit von Männern in Runden noch immer länger, die Gehälter in vergleichbaren Positionen sind höher, Männer bekommen noch immer eher den Job, vor allem im Führungsbereich, bei gleicher Qualifikation. Es war lange so, dass die Frauen, die sich durchkämpfen konnten, die Prinzipien der Männer angenommen haben. Jetzt geht es darum, die weiblichen Prinzipien wie Empathie und Intuition stärker in die Gesellschaft zu tragen. Denn jede Frau sollte sich bewusst sein und daran glauben, dass wir mit unserem weiblichen Verhalten stark sind – egal, in welchem Feld wir unterwegs sind, sei es als Angestellte, Freelancerin oder Mutter. Wir wollen Frauen stärken, um eine Gleichheit zu erzeugen."
"Als Frau muss man einen langen Atem haben"
Was tut die Stadt, um "Women Empowerment" zu unterstützen?
"Ich habe beim letzten N Klub, ein Netzwerktreffen für nachhaltige Ideen, unsere Sozialsenatorin Melanie Leonhard über das Thema sprechen hören, und ich finde sie in diesem Bereich sehr vorbildlich. Sie setzt sich ein, geht mit den richtigen Ideen nach vorne. Ansonsten ist es in diesem Bereich von Seiten der Institutionen, Behörden oder Stiftungen unheimlich schwer, Unterstützung zu bekommen. Generell, wenn man neue Themen nach vorne bringen will, ist es schwierig, die Stakeholder zu überzeugen, da muss insbesondere Frau einen echt langen Atem haben, sich den Mund fusselig reden und die Füße ablaufen. Auch hier wird Männern viel schneller zugetraut, dass sie die richtige Idee für eine Unternehmensgründung oder ein Projekt haben. In Städten wie Berlin und auch im Ausland ist es wesentlich einfacher, weil in international orientierten Städten früher verstanden wurde, dass es wichtig ist, dass wir uns in diesem Bereich entwickeln. Ich liebe an Hamburg die traditionellen Werte wie Beständigkeit und Gewissenhaftigkeit, die stehen Innovationen und mutigen Ideen aber leider auch oft im Weg."
Welches Engagement berührt dich am meisten?
"Mein absolutes Herzensprojekt ist ganz klar Viva con Agua. Seit 2007 bin ich dabei, mittlerweile als Aufsichtsratsvorsitzende. Für mich ist es das vorbildlichste, sowohl als Unternehmen als auch soziales Projekt, das ich kenne. Das liegt vor allem daran, dass Viva con Agua nie müde wird, sich immer wieder mit sich selbst zu beschäftigen, im Sinne der eigenen Optimierung, der Neuerfindung oder der Frage, wie sie die Welt verändern und Mitgestaltung für jeden ermöglichen können."
Apropos Welt verändern. Was wäre im Kleinen dazu dein Appell an die Menschen?
"Dass sich die Menschen wieder mehr begegnen. Jeder Mensch ist auf seiner eigenen Reise, aber jeder kann mit seiner Geschichte und den eigenen Erfahrungen andere unterstützen und helfen. Geht einfach wieder mehr aufeinander zu, redet miteinander und hört euch wirklich zu." Infos:Mehr über Dannie Quilitzsch und ihre Projekte gibt's auf ihrer Website
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