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HafenCity Hamburg
Kleiner Grasbrook

Der Grasbrook: Beteiligt euch an der Planung des neuen Stadtteils

Maike Schade
Maike Schade

Auf dem Grasbrook soll ein neuer Stadtteil entstehen. Bei zunächst vier "Werkstätten" könnt ihr euch an der Planung beteiligen. Wir haben mit der Pressesprecherin der HafenCity Hamburg, Susanne Bühler, über den Stand der Dinge gesprochen.

Frau Bühler, der Grasbrook soll keine zweite HafenCity werden. Warum nicht, und was soll anders sein?

Susanne Bühler: "Keine zweite HafenCity" soll nicht heißen, dass diese nicht gut gelungen wäre oder alles ganz anders sein müsste. Aber der Grasbrook soll wie jeder andere Stadtteil auch eine ganz eigene Identität haben. Und wir haben viel aus der Entwicklung der HafenCity gelernt, zum Beispiel in Sachen Hochwasserschutz, beim Thema Mobilität oder auch bei der Integration von Wohnen, Arbeiten, Kultur und Freizeit. Und diese Erkenntnisse wollen wir uns natürlich zunutze machen. Außerdem sind wir in der Stadtentwicklung mittlerweile einen großen Schritt weiter, wir denken über manche Dinge heute ganz anders nach. Nur um ein Beispiel zu nennen: Wie fördern wir das Thema Elektromobilität oder wie könnte autonomes Fahren in den Stadtteil integriert werden? Diese Fragen stellten sich in der frühen Planungsphase der HafenCity noch gar nicht.

In der HafenCity fehlte es doch auch an Grün, oder? Auf dem Grasbrook ist ja aber wohl ein großer Park an der Elbe geplant?

Das war zu Beginn eine häufig geäußerte Kritik. Das lag aber daran, dass viele Grünbereiche noch nicht fertiggestellt waren. Ein Stadtteil braucht einfach etwas Zeit, um sich zu entwickeln und zu wachsen. Aber mit dem Lohsepark, dem Grasbrookpark oder seit letztem Jahr mit der Eröffnung des Baakenparks, der grünen Halbinsel im Baakenhafen, haben wir auch in der HafenCity heute eine hohe grüne Qualität. Stadtentwicklung heißt manchmal auch Geduld haben zu müssen. Aber es stimmt, diese Erfahrung, wie wichtig gut gestaltete Freiräume für einen Stadtteil sind, fließt jetzt in die Vorüberlegungen für den neuen Stadtteil Grasbrook ein. Dort ist ein fünf Hektar großer Park an der Elbe geplant. Wobei "planen" eigentlich der falsche Ausdruck ist, es gibt noch keinen Plan – wir sind mit dem öffentlichen Beteiligungsprozess sehr früh dran. Wir sammeln noch Ideen und versuchen herauszufinden, welche Themen die Nachbarn, die Bürgerinnen und Bürger bewegen. Das kann dann in die Planungsphase einfließen.

Großes Interesse der Bürger am neuen Grasbrook

Wie ist denn die Resonanz der Bürger?

Wir sind sehr positiv überrascht, wie groß das Interesse der Menschen ist, sich an der Entwicklung des neuen Stadtteils zu beteiligen. Die erste Grasbrook-Werkstatt zum Thema Nachbarschaft fand im Dezember auf der Veddel statt, in der evangelischen Gemeinde der Immanuelkirche, und es kamen rund 200 Besucherinnen und Besucher. Das waren natürlich nicht nur Bewohner von der Veddel – da hätten wir uns tatsächlich noch etwas mehr Beteiligung gewünscht –, sondern auch viele Menschen aus Wilhelmsburg, Rothenburgsort, der HafenCity und dem gesamten Stadtgebiet. Gefreut hat uns auch, dass sich zum Beispiel die Islamische Gemeinde und verschiedene lokale Initiativen so aktiv eingebracht haben.

Wie läuft so eine Werkstatt ab?

Es gibt zuerst einen Input-Vortrag, um fachliche Informationen zu geben und die Rahmenbedingungen für die Entwicklung des Grasbrooks darzustellen. In der darauf folgenden Gesprächsrunde kommen Fachexperten zu Wort, beim Thema Nachbarschaft war das zum Beispiel eine Stadtsoziologin, aber auch Vertreterinnen aus den verschiedenen Stadtteilen. Und in der darauf folgenden Arbeitsphase gibt es für die Besucher die Möglichkeit, an verschiedenen Thementischen die Fragen zu vertiefen und sich in kleinerer Runde auszutauschen. Das wird selbstverständlich alles dokumentiert, damit wir die Erkenntnisse in die spätere Planung einfließen lassen können.

Wichtiges Thema: Wie die Barriere zur Veddel überwinden?

Was sind denn die zentralen Wünsche der Bürger, was ist ihnen besonders wichtig?

Viel diskutiert wurde über die Problematik, dass die Bahnanlage eine große Barriere zwischen der Veddel und dem Grasbrook bildet. Es wurden Ideen diskutiert, wie die beiden Stadtteile besser verbunden werden können – etwa über einen neuen Steg oder eine Unterführung bei den Elbbrücken oder durch eine verbesserte Tunnelverbindung. Ein weiteres großes Thema war, dass es eine Nachbarschaft auf Augenhöhe sein sollte, es sollen auch Grasbrooker auf die Veddel kommen und nicht nur umgekehrt. Großes Interesse gab es an der Planung für den Park an der Elbe, die Idee wurde geäußert, dass es vielleicht auch schon frühzeitig Zwischennutzungen geben könnte. Und es gab noch ganz konkrete Ideen, zum Beispiel für ein Hamam oder ein Gebetshaus auf dem Grasbrook.

Die Veddeler erhoffen sich doch gewiss auch eine bessere Versorgung mit Ärzten, Kultur und Einkaufsmöglichkeiten

Richtig. Die Nahversorgung, Sportanlagen und auch die schulische Infrastruktur waren wichtige Themen. Es ist ja auf dem Grasbrook eine weitere Schule geplant, vermutlich wird es eine Grundschule, und die wichtige Frage ist: Wie kann es ein gemeinsames Konzept mit der Stadtteilschule auf der Veddel geben?

HafenCity Hamburg

16.000 Arbeitsplätze: Von großen Unternehmen bis zur kleinen Manufaktur

Und was wurde bei der zweiten Werkstatt diskutiert?

Thema war "Zukunft Arbeiten und Innovation" und es ging unter anderem um die Frage, für welche Branchen der Grasbrook interessant sein könnte und welches Arbeitsplatzangebot auch konkret für die Nachbarn entstehen könnte. Da es auf dem Grasbrook um 16.000 Arbeitsplätze insgesamt geht, ist ein ganz breites Spektrum denkbar, von den großen, forschungsnahen Unternehmen bis hin zu kleinen Manufakturen. Dafür könnten zum Beispiel die Erdgeschossflächen interessant sein. An den Arbeitstischen wurde viel über kleinere Produktionsräume diskutiert, beispielsweise über die Idee, Nahrungsmittel im Stadtteil selbst zu produzieren. Die generell spannende Frage ist ja: Wie bekommen wir die Produktion wieder in die Städte?

Sie meinen, so etwas wie Gemüseanbau beim Urban Gardening

Ja, auch das ist natürlich denkbar, vielleicht auch auf den Dächern? Grundsätzlich sprechen wir beim Grasbrook aber schon von einer innerstädtischen Dichte, es sollen ja auch 3.000 Wohnungen entstehen. Und wir brauchen im neuen Stadtteil die Möglichkeit für sogenannte wissensbasierte Arbeitsplätze, für hochqualifizierte Arbeitnehmer in den Bereichen Forschung und Entwicklung, da hat Hamburg einen hohen Nachholbedarf. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der von den Besuchern eingebracht wurde, ist das Thema Ausbildung. Wir brauchen Unternehmen, die Ausbildungsmöglichkeiten schaffen, gerade auch für die jungen Migrantinnen und Migranten.

Gewünscht: Konsumfreie Orte als soziale Treffpunkte

Erzählen Sie doch noch kurz, um welche Themen es bei der dritten und vierten Grasbrook-Werkstatt gehen soll.

Bei der dritten Werkstatt, die am 7. Februar in der Patriotischen Gesellschaft in der Innenstadt stattfindet, geht es um "Grasbrook bauen – Freiräume gestalten". Das Thema klang beim letzten Treffen schon an: Vielfach wurde gewünscht, mehr Freiräume zu haben, soziale Treffpunkte. Und vor allem auch konsumfreie Orte. Also nicht nur Cafés, in denen man zwar sitzen, aber ja immer etwas konsumieren muss, sondern auch Orte, an denen man sich einfach so treffen kann. Das war wirklich ein sehr guter Hinweis für uns. Außerdem wird es da um ganz konkrete Fragen im Hinblick auf den wettbewerblichen Prozess gehen. Wie stelle ich mir den Stadtteil vor? Wie können wir eine gute Nutzungsmischung hinbekommen? Denn wir haben durch die Elbbrücken und die Bahnanlage eine erhebliche Lärmemission – deswegen gibt es im Vergleich zu den Wohnungen auch relativ viele Arbeitsplätze. Welche guten und intelligenten Lösungen gibt es für den Lärmschutz? Außerdem geht es auch um Ideen für den neuen Park am Elbufer.

Neue Mobilitätskonzepte sind gefragt

Was genau wird Thema bei der vierten Werkstatt?

Am 20. Februar beschäftigen wir uns mit den Themen Mobilität und Nachhaltigkeit. Fachexpertinnen und -experten werden zunächst einmal Input zur Frage der Mobilität der Zukunft geben. Wichtig ist dabei zum Beispiel die Frage der "walkable city", also, wie gut wir uns künftig zu Fuß oder mit dem Fahrrad durch die Stadt bewegen können. Welche Anforderungen entstehen künftig durch die E-Bikes, die sich ja deutlich schneller durch die Stadt bewegen? Wie können wir mehr Menschen dazu inspirieren, künftig auf das Privatauto zu verzichten? Wie könnte künftig ein Straßenraum aussehen, der nicht mehr nur den Autos gehört'? Es wird außerdem konkret um die mögliche Verkehrserschließung des neuen Stadtteils gehen, geplant ist zum Beispiel eine neue U-Bahn-Station. Auch weitere Themen der Nachhaltigkeit sollen diskutiert werden, zum Beispiel, welchen Beitrag ökologisch nachhaltige Gebäudekonzepte leisten können oder wie die Energieversorgung im neuen Stadtteil organisiert werden sollte.

Auch Kinder sollen beteiligt werden

Was ist mit den Kindern, wird es für die auch eine Werkstatt geben? Soweit ich weiß, ist das im Hamburger Baugesetz so vorgesehen.

Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Wir haben in der HafenCity zum Beispiel bei der Planung von Parks sehr gute Erfahrungen damit gemacht, im Rahmen von Workshops Kinder in die Planung mit einzubeziehen. Sie finden da heute viele Ideen, die wirklich von den Kindern kamen, zum Beispiel die Kletterpalmen im Grasbrookpark oder die Spielkisten im Baakenpark. Ich denke, wenn wir an die detailliertere Planung für die Parks gehen, werden wir sicher auch für die Kinder Beteiligungsformate anbieten.

Ich dachte eher an den Verkehr... Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig es gerade für kleinere Kinder sein kann, sicher zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule zu kommen, weil viele Stellen zu unübersichtlich sind und beispielweise Fußgängerampeln fehlen. Das könnte man bestimmt von vornherein sehr viel schlauer lösen.

Ja, das ist richtig. Das sollten wir bei der konkreten Straßenplanung unbedingt berücksichtigen

Wird es denn nach den vier Werkstätten noch weitere Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürger geben?

Ja, selbstverständlich. Wir befinden uns ja noch in der Vorplanungsphase. Auch begleitend zur Wettbewerbsphase wird es öffentliche Veranstaltungen geben, in denen die Konzeptideen vorgestellt und diskutiert werden. Das Bild des neuen Stadtteils wird so Schritt für Schritt entstehen.

Infos: Mehr über die Planungen und den Beteiligungs-Werkstätten findet ihr unter grasbrook.hamburg im Netz.

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