
Freitagmorgen in Ottensen: Auf die Märkte, fertig, los!
Es ist noch nicht richtig hell, doch auf dem Spritzenplatz in Ottensen herrscht reges Treiben. Die Läden der Verkaufsstände sind geöffnet, die erste Bratwurst auf dem Grill. Marktzeit in Ottensen.
Marktmeister Valco Bardowiecks steht neben dem Imbiss und blickt auf den Marktplatz. "So langsam müssen sie fertig werden. Die Paletten da müssen noch weg. Wir sind schon spät dran." Es ist kurz nach 8 Uhr am Freitag, die ersten Kunden schlendern bereits über den Markt. Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Käse – die Auswahl ist groß. "Wir haben hier ein gutes Sortiment. Wir sind sogar in der glücklichen Lage, dass wir das meiste doppelt haben", betont Bardowiecks. Der 60-Jährige weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. "Die Märkte haben überall Probleme. Das Geschäft ist rückläufig. Die Händler sterben weg, die wenigsten geben das Geschäft an ihre Kinder weiter. Es ist einfach nicht so attraktiv", sagt der Stadtangestellte. Das Besondere an dem Ottenser Markt sei daher, wie auf jedem Markt, dass er überhaupt stattfände – und zwar immer, egal bei welchem Wetter. "Die Händler sind unverwüstlich", sagt Bardowiecks.

Während er spricht, beobachtet er aufmerksam das Geschehen. Immer wieder geht er ein paar Schritte zur Seite und stellt sich einem Radfahrer in den Weg. "Absteigen bitte", sagt er freundlich, aber mit Nachdruck. Die meisten steigen sofort ab und schieben weiter. Doch nicht immer seien die Passanten so einsichtig. "Ich habe früher im Wachdienst gearbeitet, damit komme ich dann auch zurecht", betont Bardowiecks. Seit dem 1. September 2012 ist er Marktmeister in Ottensen. Vorher hatte er bereits als Markthelfer auf dem Fischmarkt gearbeitet. Als dann die Stadt seine heutige Stelle ausschrieb, habe er einfach Glück gehabt. Bardowiecks liebt seinen Job. "Sonst würde ich ihn schon längst nicht mehr machen", sagt er. An Markttagen beginnt sein Dienst bereits um 5 Uhr früh. Dann kommen die ersten Händler, um aufzubauen. Vor allem die Freitage sind lang, denn da geht der Markt bis 18.30 Uhr. Bardowiecks geht durch die Gassen zwischen den Verkaufsständen. "Wie geht’s dem Rücken?", fragt er einen der Händler. Jeden begrüßt er mit Namen. Ab und zu fliegen ein paar flotte Sprüche hin und her. Er kennt viele der Händler seit Jahren. Als Marktmeister muss er dafür sorgen, dass der Platz gefüllt ist. "Akquise gehört dazu", betont er. Regelmäßig ist er auch auf anderen Märkten in der Stadt unterwegs, um sich umzusehen und potenzielle Händler für seine Märkte zu finden.

Der gebürtige Harburger ist nicht nur Marktmeister, sondern auch Ermittler für das Bezirksamt Altona. Als Außendienstler sei er für alles zuständig, was mit Verbraucherschutz zu tun habe. "Wir kontrollieren zum Beispiel im Sommer die Aufbauten der Gaststätten im Außenbereich", so Bardowiecks. Selbstbewusst trägt er seine Dienstkleidung. Häufig sprechen ihn die Leute auf der Straße an. "Es gibt auch Kollegen, die deshalb lieber in zivil gehen", sagt Bardowiecks, der früher als Briefträger auf St. Pauli gearbeitet hat. "Das und der Fischmarkt waren eine harte Schule. Dagegen ist das hier angenehm", meint er und lacht. Als Marktmeister sei er Aufsicht, Hausmeister, Sozialarbeiter und Kummerkasten in einem. Er weiß, wer von seinen Händlern gesundheitliche Probleme hat, wer mit seinem Platz auf dem Markt nicht zufrieden ist, wer Schwierigkeiten mit dem Umsatz hat. "Wir sind hier wie ein kleines Dorf im Stadtteil. Ein Einkaufszentrum ohne Dach", betont Bardowiecks. Er ist verantwortlich für eine attraktive Marktgestaltung und weiß: Die ist nur möglich, wenn auch die Kunden kommen. "Wenn die Menschen ihre Märkte behalten wollen, dann müssen sie da auch einkaufen. Besucht eure Märkte", appelliert er an die Menschen im Stadtteil. Bardowiecks richtet sich auf, schaut aufmerksam auf den Marktplatz. "Da ist ein Hund nicht an der Leine. Das geht so nicht, da muss ich erst mal hin."
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