
WeinKlang in Ottensen: Kunst und Kultur hinter historischen Mauern
Klassik, Blues, Jazz und Wein: Im Souterrain der Alten Druckerei kommt zusammen, was zusammengehört.
Nach seinem Lieblingsort in Ottensen gefragt, muss Herbert Bruhn nicht lange überlegen: Es ist die Alte Druckerei in der Bahrenfelder Straße. Der Ort, an dem Bruhn geboren und aufgewachsen ist, seine erste Ausbildung absolviert hat und heute das WeinKlang betreibt. Bis vor wenigen Jahren arbeitete Prof. Dr. Herbert Bruhn noch als Professor für Musik. Er unterrichtete nicht nur an zahlreichen deutschen Universitäten und verfasste Standardwerke der Musikpsychologie, 1968 gründete er in Hamburg auch das erste Landesjugendorchester, das Vorbild für alle nachfolgenden war. Mit seiner Pensionierung vor einigen Jahren endete sein Engagement jedoch noch lange nicht.

Seine derzeitige Wirkungsstätte nennt sich WeinKlang und befindet sich in einem Gebäudekomplex in der Bahrenfelder Straße, der seit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz ist. Bruhns Großvater Theodor kaufte ihn 1892 gemeinsam mit seinem Schwager Friedrich Dietz. Dies war der Grundstein für die Firma Bruhn & Dietz, eine Druckerei, in der Formulare und Geschäftsbücher gedruckt wurden. Heute befindet sich im Vorderhaus das Papiergeschäft Christine Bruhn Papier + Design, das mittlerweile in fünfter Generation geführt wird und damit zu den ältesten Betrieben im Westen Hamburgs zählt. Das Backsteingebäude auf dem Hinterhof beherbergt heute vor allem Kreative und Medienschaffende – und seit einigen Jahren das kleine Lokal WeinKlang, den Spielplatz von Herbert Bruhn, wo Musik und Wein die perfekte Symbiose eingehen.Musik und Wein gehören zusammen Anfangs fanden in der gemütlichen Bodega lediglich zwei Veranstaltungen im Monat statt, inzwischen sind es mindestens zwei pro Woche. Schnell hatte sich herumgesprochen, von welch hoher Qualität die Aufführungen im WeinKlang sind. Die Besucher kamen bald nicht mehr nur aus Ottensen, sondern auch aus anderen Stadtteilen in die Alte Druckerei. Bei einem Tschaikowsky-Abend mit dem Pianisten Andrea Merlo können es schon einmal bis zu 100 Besucher sein, die sich in den kleinen Raum drängeln.

Viele seiner Gäste seien in ihrem Leben noch nie mit klassischer Musik in Berührung gekommen, erzählt Bruhn, der sich trotz seiner Parkinson-Erkrankung mit großer Leidenschaft für das Projekt engagiert. Umso wichtiger ist da, dass die Hürden für den Musik-Laien nicht zu hoch sind. Dies gewährleistet Bruhn zum einen, indem die meisten Veranstaltungen unter der Woche kostenlos sind, zum anderen legt der Hausherr Wert darauf, Künstler und Publikum räumlich nicht voneinander zu trennen. Darum gibt es keine Bühne, sondern die Musizierenden und Gäste sitzen vis-à-vis, quasi auf Augenhöhe. Die große Auswahl an Weinen sorgt dann dafür, dass viele der Besucher auch nach dem Konzert für das eine oder andere Gespräch mit den Künstlern bleiben.

Doch nicht nur die Gäste schätzen diesen Ort, auch die Künstler kommen gerne zu Herbert Bruhn. Natürlich auch deshalb, weil sie sich ein professionelles Urteil von dem Mann erhoffen, der bei der rumänischen Dirigenten-Koryphäe Sergiu Celibidache studierte und stundenlang über die Musikphänomenologie eines Carl Stumpfs philosophieren kann. Auch wenn Herbert Bruhn mittlerweile regelmäßig hochkarätige Gäste aus der Jazz- und Klassik-Szene bei sich begrüßt – ein Wunschgast steht noch auf seiner Liste: Liedermacher Konstantin Wecker. Aber vielleicht klopft ja auch er bald an die Tür vom WeinKlang.
Infos: Alte Druckerei Ottensen, Bahrenfelder Straße 73 d (Hinterhof), 22765 Hamburg