
Hamburgs Kinotipps: Diese Filme dürft ihr im Juli nicht verpassen
Einmal Bayern, einmal Beatles, so klingt die musikalische Kino-Abteilung unserer Monatsempfehlungen, dazu das kleinste Dorf der USA, feinstes Ensemble-Entertainment von Emilio Estevez und eine Lehrstunde in Sachen Digitalisierung mitsamt aller Risiken: Film ab!
Spider Murphy Gang - Glory Days Of Rock’n’Roll
Bitte mal die Hand heben, wer die Telefonnummer von Rosi noch auswendig kennt! In einem der größten Hits der Neuen Deutschen Welle drehte sich alles, die Älteren werden sich erinnern, um den Skandal im Sperrbezirk und eben jene Rosi. Spider Murphy Gang nannte sich die "bayrische Band" und gehörte damit eher zur bodenständigen Abteilung des großen 80er-Jahre-Musikphänomens in den hiesigen Charts. Während andernorts Computer, Mini-Keyboards und Synthesizer ausprobiert wurden, setzte Barny Murphy mit seiner Combo auf guten alten Rock’n’Roll – und das mit riesigem Erfolg. Nun ist die Historie der Spider Murphy Gang vielleicht nicht unbedingt das Erste, was dem geneigten Musik-Connaisseur in punkto neugierigmachende Pop-Dokus in den Sinn kommt, aber genau das ist die Stärke von "Glory Days Of Rock’n’Roll". Jens Pfeifer erzählt gekonnt und äußerst kurzweilig davon, wie es ist, wenn man sich nach all den Jahren – über 40 sind es mittlerweile – daran macht, noch einen Hit zu schreiben. (D 2019, Regie: Jens Pfeifer, mit Barny Murphy, Günther Sigl u.a.)
Kinostart: 4. Juli 2019
Yesterday
Zugegeben, die Grundidee dieses Films ist völlig absurd, aber das war die Ausgangssituation in "Und täglich grüßt das Murmeltier" auch, was den Film wiederum nicht davon abhielt, bestes, zeitüberdauerndes Kino-Entertainment zu bieten. "Yesterday" wird sich einen derart strahlenden Platz in der Filmgeschichte möglicherweise nicht erspielen, überaus kurzweilige Feelgood-Unterhaltung bietet der Film dennoch. Kurzer Blick aufs Personal: Regie führte Oscar-Preisträger Danny Boyle ("Slumdog Millionaire", "Trainspotting"), das Buch stammt von Richard Curtis ("Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Notting Hill"), Himesh Patel war in "EastEnders" zu sehen, Lily James u.a. in "Downton Abbey", Ed Sheeran ist Ed Sheeran und die Songs stammen von den Beatles. Klingt nach Selbstgänger? Das wird es wohl auch werden. Haben wir alles? Ach ja, die Grundidee: Nach einem weltweiten Stromausfall sind die Beatles – und damit auch ihre Songs – aus allen Geschichtsbüchern getilgt. Der Einzige, der sich erinnert, ist Jack (Patel), ein bis dato erfolgloser Singer/Songwriter. Als er sich entschließt, sein Repertoire mit Klassikern der Fab Four zu füllen, beginnt sein Stern zu leuchten. Aber bald stellen sich Gewissensbisse ein und das mit der Liebe läuft auch nicht optimal.(UK 2019, Regie: Danny Boyle, mit Himesh Patel, Lily James, Ed Sheeran u.a.)
Kinostart: 11. Juli 2019
Monowi, Nebraska
Kürzer als die Volkszählungen im titelgebenden Monowi geht es nicht. "1". Das war es. Das ist kein Verschreiber – der kleine Ort im US-Staat Nebraska hat tatsächlich nicht mehr als einen Einwohner, besser gesagt eine Einwohnerin. Elsie Eiler ist 80 Jahre alt, sie ist Bürgermeisterin und Sheriff in Personalunion, steht in der "Monowi Tavern" hinterm Tresen und leitet zudem noch die öffentliche Bibliothek. Wer da denn wohl Bier trinkt bzw. Bücher ausleiht, wenn sonst keiner in Monowi lebt, fragt sich nun der geneigte der Leser und das mit Recht. Aufklärung naht: Der Ort ist Dreh- und Angelpunkt der Bevölkerung in den umliegenden Dörfern. Elsie ist die gute Seele der Gegend, ihr Pils ist bestens gekühlt, die Bücherei kompetent ausgestattet. Die Filmemacherin Lilo Mangelsdorff hat die 80-Jährige ein Jahr lang begleitet und aus ihren Eindrücken einen zu Herzen gehenden, aber auch sehr amüsanten Dokumentarfilm produziert. (D 2019, Regie: Lilo Mangelsdorff, mit Elsie Eiler u.a.)
Kinostart: 11. Juli 2019 Den Trailer zu Monowi, Nebraska gibt's hier.
Ein ganz gewöhnlicher Held
Auch im Film von Schauspieler Emilio Estevez kommt eine Bibliothek vor, in diesem Falle ist sie der zentrale Ort des Geschehens. Als der Wintereinbruch in Cincinnatti historische Minusgrade mit sich bringt, zieht es die Obdachlosen der Stadt in eben diese Bücherei, um sich vor der lebensgefährlichen Kälte in Sicherheit zu bringen. Dass das nicht ohne Folgen bleibt, versteht sich von selbst. Die Angestellten der Bibliothek bringt es bald an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, die Behörden erweisen sich als unflexibel, schließlich soll die Polizei unter Leitung ihres Vermittlers Bill Ramstead (Alec Baldwin) dem "Spuk" ein Ende bereiten. "Ein ganz gewöhnlicher Held", im Original "The Public", bietet superbes Ensemblekino, eine überaus zeitgemäße Parabel in Sachen Solidarität und ziviler Ungehorsam. (USA 2018, Regie: Emilio Estevez , mit Michael Kenneth Williams, Christian Slater, Jena Malone u.a.)
Kinostart: 25. Juli 2019
Face_It! – Das Gesicht im Zeitalter des Digitalismus
Digitalismus und die Folgen – der letzte Filmtipp der Juli-Ausgabe kommt etwas weniger leichtfüßig daher als obige Empfehlungen. Bis ins Jahr 1978 reicht die Geschichte des "Facial Action Coding Systems" (FACS) zurück, eines von Paul Ekman und Wallace Friesen entwickelten Computerprogramms zur Erkennung von Gesichtern und Mimik. Wie weitreichend und detailliert anwendbar dieses System einmal werden sollte, haben die beiden womöglich nicht geahnt. Anno 2019 jedoch, im Zuge weltweiter Digitalisierung, sind dieser Form der Personenerkennung Tür und Tor geöffnet, mitsamt aller Risiken. Filmemacher Gerd Conradt spricht mit Datenschützern, Experten, Künstlern und beleuchtet das Phänomen aus kritischem Blickwinkel. (D 2019, Regie: Gerd Conradt)
Kinostart: 25. Juli 2019
Hier gibt's was auf die Augen: Kinos in Hamburg
Filmtipps schön und gut – aber wo schaut man sich die Streifen an? Verraten wir euch natürlich: Die besten Kinos in Hamburg.
Unsere Texte, Tipps und Empfehlungen richten sich an alle, die sich für Hamburg interessieren. Deshalb bemühen wir uns um genderneutrale Formulierungen. Nutzen wir die männliche Form, dient dies allein dem Lesefluss. Wir denken aber stets Menschen aller Geschlechter mit.