
Upcycling auf der Veddel: Kuscheltiere aus Handtüchern
Kuscheliger kann Upcycling nicht werden: Aus bunten Handtüchern näht Designer Andreas Linzner Stofftiere, Jammerlappen und Kissenbezüge.
Handtücher. Mehr oder weniger flauschige Stoffrechtecke, an denen ihr euch gewiss mehrmals täglich Hände, Gesicht und auch den Körper trocknet. Praktisch, unverzichtbar, aber auch keinen besonderen Gedanken wert. Alltagsgegenstände eben. Für Andreas Linzner bedeuten Handtücher viel mehr. Sie sind seine Leidenschaft.

Er entdeckte den Stoff für sich während seines Modedesign-Studiums. Die besondere Struktur, die farbenprächtigen Muster von Exemplaren aus den 50er- bis 80er-Jahren begeisterten ihn. Seitdem arbeitet er mit den Frottierstoffen, fertigt Kuscheltiere wie Schweine, Elefanten oder Affen. Bunt gestreift, geringelt, geblümt. Für ihn sind sie viel mehr als nur Spielzeug. Sie sind Freunde.
Andreas Linzner: Seine Schätze findet er häufig auf Recyclinghöfen
Auf Recyclinghöfen in ganz Deutschland geht er auf die Suche nach Schätzen aus Omas Schrank. "Oft bringen mir auch Leute welche vorbei, wenn beispielsweise Verwandte verstorben sind und sie die Wohnung auflösen müssen", erzählt er. Wegschemeißen? "Bloß nicht!" In dem Lagerraum seines Ateliers auf der Veddel stapeln sich Tausende der alten Stoffquadrate. Hier hat er auch einige Schätze gebunkert, die er niemals verarbeiten würde – weil er ihre Muster einfach zu sehr liebt. Er besitzt sogar Exemplare aus den 1920er-Jahren, erzählt er.

Linzner forschte in der Türkei nach der Kulturgeschichte
In Europa wurden die praktischen Abtrockentücher Mitte des 19. Jahrhunderts eingeführt: Zwei britische Handelsreisende brachten sie von einer Tour ins damalige osmanische Reich mit, wie Linzner erzählt. Dort wird deshalb der Ursprung der kuscheligen Frottiertücher vermutet. "Wissenschaftlich belegt ist das aber nicht, vielleicht wurden sie auch von woanders dorthin gebracht." Er hat sich selbst auf die Suche gemacht, hat türkisch gelernt, ist in die Türkei gereist, hat sich dort bei Historikern und in Museen auf Spurensuche begeben. Er wird weiter an der Kulturgeschichte forschen, sagt er. Nicht nur die Vergangenheit, auch die Zukunft des Handtuchs beschäftigt Linzner. "Ich arbeite am Handtuch der Zukunft", sagt er. Müssen die Dinger denn schließlich immer flach und quadratisch sein? "Warum nicht dreidimensional, warum die Nähte immer am Rand, warum ist da nichts aufgenäht?"
Der Traum: Ein "Hanseatisches Heim für Edel-Frottier-Schätze"
Er entwirft verschiedene Modelle, die er irgendwann, in hoffentlich naher Zukunft, in einem "Hanseatischen Heim für Edel-Frottier-Schätze" präsentieren möchte. Hier will der Designer auch seine anderen Werke verkaufen. Früher hatte er mal einen Laden im Karoviertel, damals schneiderte er auch noch Mode und Bettwäsche, heute beschränkt er sich auf die Tiere, Kissen- und Wärmflaschenbezüge und die "Jammerlappen", recycelte Handtücher, mit denen ihr kuscheln und denen ihr alles erzählen könnt. Sogar Postkarten aus Frottee könnt ihr bei ihm bekommen – alles allerdings nur im Online-Shop. Noch. Wenn ihr Andreas Linzner und seine Frottierkunst jetzt schon kennenlernen wollt, könnt ihr nach telefonischer Voranmeldung aber gerne in seinem Atelier vorbeischauen.
Schönes Handgemachtes aus Hamburg
Kennt ihr schon Bracenet? Das ist ein tolles Upcyling-Projekt eines Hamburger Pärchens, das aus Geisternetzen Armbänder herstellt.