
Grauzonen: E-Scooter – Rasende Roller oder störende Zeitgenossen?
Macht euch bereit für unser Pro-Contra-Format "Grauzonen". Hier stellen wir kontroverse Ansichten gegenüber. Dieses Mal diskutieren wir über E-Scooter.
"Ja klar, äh nein, ich mein JEIN!" Ähnlich wie die Jungs von Fettes Brot sind wir innerhalb der Redaktion manchmal ein wenig verwirrt. Oder besser gesagt: unterschiedlicher Meinung. Damit die kontroversen Ansichten nicht gleich zu unbarmherzigen Streitereien führen, lassen wir unseren Frust nicht aneinander aus, sondern tippen unsere Meinung einfach mit Nachdruck in die Tastatur. Mache dich bereit für unser Pro-Contra-Format "Grauzonen". Hier stellen wir unsere Ansichten zu umstrittenen Themen sachlich gegenüber – und nicht handgreiflich werden, bitte! Dieses Mal: Ali und Svea diskutieren über E-Scooter.
Svea: Lieber radeln statt rollern
Seit ein paar Jahren düsen die E-Scooter durch die Städte und ich weiß nicht, wie oft ich mir schon gedacht habe: "Du, ja genau du. Du auf deinem Roller – dich kann ich wirklich überhaupt nicht ausstehen." Jetzt stellt sich natürlich die Frage, woher der Hass kommt, den ich den kleinen Flitzern gegenüber verspüre. Kein Problem, ich erkläre meine Gefühlslage gern. Denn mal im Ernst: Wir Menschen verfügen doch generell über zwei Beine, die uns überall dorthin tragen, wo wir gerade nicht sind, aber gerne sein möchten. Ab in den Park, in die Sonne legen! Ab zum Stammtisch, da gibt es günstiges Bier! Ab in den nächsten Burgerladen, um den Hunger zu stillen! Alles kein Problem. Ihr möchtet euch doch lieber etwas schneller vorwärts bewegen, weil ihr einen wichtigen Termin habt, den ihr nicht verpassen dürft? Schön, dann schwingt euch auf euren Drahtesel und tretet ein wenig in die Pedale. Das ist euch zu anstrengend? Hey, auch gar kein Drama. Unsere Hansestadt bietet doch diverse öffentliche Verkehrsmittel, die euch ganz bequem von A nach B kutschieren. Busse zum Beispiel. Oder diese verrückten Teile, die man U-Bahnen nennt. Die meisten davon fahren sogar alle fünf Minuten.
Aber mit dem E-Scooter fahren? Come on. Zum einen sieht es bei den meisten Fahrenden ziemlich blöd aus, wie sie sich mit flatternden Mänteln an den kleinen Lenkern festklammern und sich – bei ganz viel Pech – den kalten Wind und norddeutschen Nieselregen ins Gesicht peitschen lassen. Zum anderen stelle ich mir immer wieder diese eine Frage: Ist es nicht ganz schön unangenehm mit knapp 20 km/h übers allseits beliebte Kopfsteinpflaster der Hamburger Straßen zu jagen? Und nein, die Vibration gilt aus meiner Sicht nicht als eine Art Ganzkörpermassage.
Außerdem stehen die Teile eigentlich immer nur im Weg. Egal, um welche Ecke man biegt, irgendwo sieht man immer kleine Lämpchen blitzen und blinken. "Entschuldigung, ich würde gerne hier vorbei" – "Sorry, da habe ich schon meinen E-Scooter geparkt." Wenn ich diesen Satz noch einmal zu hören bekomme, kann ich für nichts garantieren. Da kann es schon mal sein, dass der eine oder andere Roller für ein kurzes (oder langes) Nickerchen auf der Seite liegt. Hoppla.
Ali: Immer da, immer nah – E-Scooter
Stellt euch folgendes Szenario vor: Ihr kommt von einem Wochenende in der Heimat endlich wieder in Hamburg an. Eure Mitfahrgelegenheit ist aber nicht nur viel zu spät losgefahren, sie setzt euch jetzt auch noch mitten in der Nacht irgendwo im tiefsten Altona ab. Was macht ihr? Natürlich lauft ihr NICHT mit eurem fetten Rucksack bis zum Bahnhof, um da nicht nur 30 Minuten auf den Bus zu warten, sondern dann auch noch umsteigen zu müssen. Und ihr holt euch auch kein Taxi für so viel Geld, wie acht Bier in eurer Stammkneipe kosten. Und MOIA? Die haben leider schon Betriebsschluss! Also: Handy raus, E-Scooter-App öffnen, höchstens fünf Minuten bis zum nächsten Scooter laufen und schnurstracks nach Hause fahren – durch die Nacht, mit wehenden Haaren und dem ultimativen "Endlich-wieder-zurück-in-der-schönsten-Stadt-der-Welt-Gefühl". Den Roller stellt ihr dann einfach vor eurer Haustüre ab und ihr seid ohne große Anstrengung zuhause. Einfacher gehts nicht!
Klar, die Dinger nerven mich auch tierisch, wenn sie mitten auf dem Gehweg stehen oder den Ausgang aus der Bahn versperren, wo sich sowieso schon viel zu viele Menschen für meinen Geschmack tummeln. Und noch wütender werd ich, wenn ich die Dinger in der Alster, im Park oder sonst wo willkürlich zerstört sehe. Oder einfach umgetreten (Svea!). Aber wenn ich ehrlich bin, sind die bunten E-Scooter in manchen Situationen einfach praktisch. Immer da, immer erreichbar, überall abstellbar und – ich will nicht lügen – es macht schon auch richtig Spaß mit den Dingern zu heizen! Im Sommer kommt ihr nicht vollgeschwitzt im Büro an, sondern habt euch die frische Brise entspannt um die Nase wehen lassen. Die Steigung nach St. Pauli oder die Hochallee in Richtung Grindel? Auf dem E-Scooter ein Kinderspiel! Auf dem Fahrrad bringen dich diese "Berge" schon richtig ins schwitzen.
Und noch ein Punkt, der für die emissionsfreien, geräuschlosen und unkomplizierten Scooter spricht: Romantik! Ok, erstmal könnt ihr euch nichts darunter vorstellen, aber wenn ihr mit eurem Date vom Restaurant zur Bahn fahren wollt, ist kein Fortbewegungsmittel romantischer. Ihr steht gemeinsam auf dem Roller, eure Körper sind ganz eng aneinander geschmiegt und ihr haltet euch aneinander fest… Da kann’s doch nur ein Happy End geben!
Team Pro oder Contra?
Falls ihr eher Team Svea seid und spazieren gehen bevorzugt, solltet ihr mal diese tollen Spots zum Spazieren auschecken. Team-Ali? Dann interessiert euch bestimmt, welche Anbieter euch E-Scooter in Hamburg stellen.
Unsere Texte, Tipps und Empfehlungen richten sich an alle, die sich für Hamburg interessieren. Deshalb bemühen wir uns um genderneutrale Formulierungen. Nutzen wir die männliche Form, dient dies allein dem Lesefluss. Wir denken aber stets Menschen aller Geschlechter mit.