
Der vielleicht beste Kinderfilm 2019: "Rocca verändert die Welt"
Ab 14. März im Kino: Die Hamburger Regisseurin Katja Benrath hat mit „Rocca verändert die Welt“ eine moderne Pippi-Langstrumpf-Geschichte verfilmt. Ein absolutes Must-See für alle Acht- bis Zwölfjährigen. Und ihre Eltern.
Der neue Film "Rocca verändert die Welt" der Hamburger Regisseurin Katja Benrath erinnert an den Kinderbuchstar Pippi Langstrumpf. Denn was Pippi zu einem ganz besonderen Mädchen macht, ist nicht nur ihre körperliche Stärke. Es sind vor allem auch ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit, ihre Großzügigkeit und ihr unvoreingenommener Blick ohne jegliche Vorurteile, durch die sie das Leben ihrer Mitmenschen positiv beeinflusst. Drehbuchautorin Hille Martinek ("Honig im Kopf") hat mit "Rocca verändert die Welt" eine moderne Variante von Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker geschrieben. Regisseurin Katja Benrath, 2017 für ihren Kurzfilm "Watu Wote – All of Us" für den Oscar nominiert, hat die Geschichte mit viel Herz verfilmt.
Rocca als Pippi Langstrumpf 2.0 in Hamburg-Eppendorf
Die elfjährige Halbwaise Rocca (umwerfend: Luna Marie Maxeiner) ist auf einem europäischen Weltraumbahnhof aufgewachsen, wo ihr Vater eine Ausbildung zum Astronauten absolvierte. Eine Schule hat sie nie besucht, das "normale" Leben eines Kindes kennt sie ebenso wenig – dafür hat sie Vieles gelernt, das über die Fähigkeiten eines gewöhnlichen Kindes weit hinausgeht. Als ihr Vater für einen monatelangen Aufenthalt zur ISS aufbricht, soll Rocca bei ihrer Großmutter in Hamburg-Eppendorf unterkommen, die davon keineswegs begeistert ist. Sie begegnet allen mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft – von den Mobbern und Außenseitern in ihrer neuen Klasse bis hin zu Obdachlosen, allen voran Caspar (Fahri Yardim), der aufgrund eines Schicksalsschlags auf der Straße gelandet war.

Rocca: ein ganz besonderes, mutiges Mädchen
Das Äffchen Herr Nilsson ist hier ein verletztes Eichhörnchen namens Klitschko, das Fortbewegungsmittel ein Skateboard statt des Schimmels Kleiner Onkel. Tommy und Annika heißen hier John und Lila, die Prusselise taucht als engstirnige Frau Hartholz vom Jugendamt (Cordula Stratmann) auf. Denn nachdem ihre Großmutter mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus gelandet ist, wohnt Rocca ganz alleine in der feudalen Villa. Wird es ihr gelingen, die drohende Unterbringung in einer Pflegefamilie zu vermeiden und das Leben anderer ein Stückchen besser zu machen? Mobbing, Ausgrenzung und Vorteile sind ebenso ein Thema wie digitale Kommunikation, das deutsche Schulwesen, Helikoptereltern und Wohlstandsverwahrlosung. Katja Benrath ist es gelungen, all das auf leichte Art und Weise in einen zauberhaften Kinderfilm zu verpacken, der ebenso Mut macht wie nachdenklich stimmt. Mehr geht nicht. Wir haben mit ihr gesprochen.

Die Oscar-Nominierung war für Katja Benrath ein Türöffner
Katja, als ich dich vor einem Jahr zu Watu Wote interviewt habe, warst du quasi gerade auf dem Sprung zum Flieger nach Hollywood. Inwiefern hat die Oscar-Nominierung dich oder dein Leben verändert?
Katja Benrath: Ich würde so gern sagen, ich bin jetzt ein ganz anderer Mensch, aber das bin ich nicht. Alle haben damals gesagt, ich soll nicht abheben. Tatsächlich aber hatte ich gerade damals das Gefühl, mich hat noch nie etwas mehr auf den Boden, in die Realität und Selbstreflexion hineingedrückt als dieser ganze Rummel. Aber es war natürlich ein Türöffner, und der kreative Spirit der Filmszene in LA wirkt immer noch nach. Zum Beispiel Momente mit Menschen wie Meryl Streep, die mich mein Leben lang inspiriert haben. Und ich bin immer noch in Kontakt mit vielen Filmemachern und dieser unglaublich kreativen Welt da in Hollywood.
Ich hatte geglaubt, nach dem Erfolg mit Watu Wote kommt jetzt der oscarreife Langfilm. Warum hast du einen Kinderfilm gemacht, bei dem es kaum Chancen auf die ganz große Bühne und Glamour gibt?
Bühne und Glamour sind ja auch nicht mein Ziel. Ich habe auch ein Angebot aus Amerika, aber die Geschichte berührt mich einfach nicht – und dann kann ich das nicht machen. Ich möchte ja auch etwas dazu beitragen können... Mich motiviert es nicht, nur für Prestige zu handeln oder weil es strategisch sinnvoll wäre. Wo würden wir denn landen, wenn wir alle so handeln?

"Kinder sind doch Menschen"
Vermutlich genau da, wo wir jetzt sind. – Aber dennoch: Warum ein Kinderfilm?
Ich habe selbst sechs Geschwister und bin schon mein ganzes Leben lang sehr kinderaffin, ich bin im Kinder- und Jugendtheater groß geworden. Ich finde an Kinderfilmen nichts Verwerfliches. Gar nicht. Es kommen jetzt immer mehr Kinder- und Familienfilmangebote, und ich bekomme ständig den Rat, mich nicht in diese Nische reindrängen zu lassen. Warum? Kinder sind doch Menschen. Ich bin ganz fest davon überzeugt: Wenn wir es schaffen, dass ein Kind aus einem Film kommt und fühlen kann: ‘Ich habe mein Leben selbst in der Hand, ich kann es gestalten, wie ich es möchte oder wie es mir guttut’, dann haben wir ganz viel für die Welt von morgen gewonnen. Die Kinder werden ja irgendwann auch erwachsen.
Gibt es einen Film, der dich als Kind verändert oder geprägt hat?
Vor allem Bücher, ich habe rund um die Uhr gelesen. Für mich war Ronja Räubertochter absolut bedeutungsvoll. Wie sie losgeht und sich übt, mit ihrer Welt zurechtzukommen. Wie sie sich selbstständig in diesen Wäldern zurechtfindet, ihr eigenes Ding macht und ihre eigenen Grenzen austestet. Das hat mich sehr nachhaltig – und bis heute – geprägt. Warum Kinder nicht darin unterstützen, sie selbst werden zu wollen? Das ist mir total wichtig.
Rocca-Regisseurin Katja Benrath schreibt ein eigenes Drehbuch
Das heißt, dein nächstes Projekt ist wieder ein Kinderfilm? Das ist noch nicht ganz klar, ich bin bei drei, vier Projekten in Gesprächen. Und ich schreibe gerade selber ein Buch für einen Langfilm, über eine Geschichte, die mich sehr berührt und bewegt, und die ist definitiv nicht für Kinder, auch wenn sie von ihnen handelt. Das will ich auf jeden Fall umsetzen, das braucht aber noch einige Zeit.
"Rocca" behandelt unter anderem die Themen Mobbing und Ausgrenzung. Gerade angesichts des Suizids der Elfjährigen in Berlin im Februar 2019 scheint das wichtiger denn je...Ja, das ist so grauenvoll, ich habe geweint, als ich das gelesen habe. Auch zu meiner Schulzeit gab es Mobbing, und ich habe es selbst als Erwachsene im Berufsleben erlebt, aber es scheint immer schlimmer zu werden. Wenn mein Film dazu beitragen könnte, dass einige Kinder ein bisschen wie Rocca sein wollen und nicht weggucken, sondern einfach mal sagen: „Hey, das finde ich jetzt nicht in Ordnung“, dann wäre es wunderbar.
Infos:"Rocca verändert die Welt", D 2019, 101 Min. Regie: Katja Benrath. Mit Luna Marie Maxeiner, Fahri Yardim, Caspar Fischer-Ortmann, Cordula Stratmann. Ab 14. März 2019 im Kino.
Rocca und andere Top-Filme in den besten Kinos in Hamburg
Und wo gucken? Vielleicht hier, in den besten Kinos in Hamburg. Besonders nobel könnt ihr Filmkunst übrigens im neuen Luxuskino Astor Kino in Hamburg genießen.