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Blankenese

Rösterei Carroux in Blankenese: Einfach guter Kaffee

Maike Schade
Maike Schade

Kaffee made in Blankenese: In der Elbchaussee bekommt ihr bei der Rösterei Carroux besten Stoff ohne Schnickschnack.

Anfang bis Mitte der 1990er-Jahre gab’s den ganzen hippen Kaffeekram samt stylischer Röstereien noch nicht, den wir heute in jedem Café bekommen. Hier einen Cappuccino, da einen Café Latte, damit ging's so langsam los. Davon abgesehen gab es eben Filterkaffee, gebrüht aus dem Pulver von bekannten Marken im Supermarkt. Ulrich Carroux schmeckte das nicht. Richtig guten Kaffee bekam er im Umfeld seiner Hometown Blankenese nicht wirklich. Deshalb die konsequente Entscheidung: selber machen.

Carroux: Der Röster stammte ursprünglich von der Blankeneser Rösterei Bielenberg

Er machte sich schlau und schickte schließlich per Fax – so machte man das schließlich seinerzeit – eine Anzeige an den Deutschen Kaffeeverband: Röster gesucht (die Maschine, nicht der Mensch, der sie bedient). "Ich bekam genau zwei Antworten", erzählt er. Eine Maschine lag demontiert irgendwo in Süddeutschland herum. Doch die andere, eine kleine, stand im Keller einer Ottenser Rösterei. Abzuholen möglichst noch am selben Tag. Nichts wie hin, rein damit in den Mercedes Kombi und heim an die Elbchaussee! Wie Carroux herausfand, war es für den kleinen Röster Baujahr 1957 wirklich ein Heimkommen: Er hatte früher der Rösterei Bielenberg gehört, die schon vor Jahrzehnten guten Kaffee in der Blankeneser Bahnhofsstraße geröstet hatte.

Peter Pilz von Pilz-Kaffee ist der "Seniorröster"

Mit Boy-Peter Pilz, ehemals Chef der gleichnamigen, traditionsreichen Hamburger Rösterei, fand Ulrich Carroux schnell jemanden, der beim Rösten der Bohnen unterstützte – 1998 begann so die Geschichte von Carroux Caffee. Heute liefert das Blankeneser Stammhaus seinen Kaffee deutschlandweit. Geröstet wird aber nach wie vor nur im heimischen "Wohnzimmer" in kleinen Mengen, ungefähr zwei- bis dreimal die Woche, je nach Bedarf.

Nach wenigen Tagen verfliegt der Geschmack des Kaffees

Das ist freilich mehr als zu Beginn. "Der Kaffee muss ganz frisch sein, schon nach wenigen Tagen verliert er an Geschmack", sagt Carroux – deswegen schmecke die Supermarktware ja nicht, "das Zeug ist oft zu alt". Fünf Kilo Rohware passten in den alten, kleinen Röster, daraus wurden dann vier Kilo Röstkaffee – also acht Pakete à ein Pfund. "Und die musst du ja erst einmal verkauft bekommen, bevor der Kaffee alt wird." Heutzutage sind die natürlich schnell weg. "Aber wenn du anfängst, geht das nur mit ganz kleinen Mengen", erinnert sich Carroux. Der betagte Röster lief übrigens wie geschmiert, das war echte Handwerksqualität. "Als ich einmal doch ein Ersatzteil brauchte, rief ich bei der Firma an und bekam gesagt: Kein Problem, aber heute geht das leider nicht mehr raus." Und das nach knapp 50 Jahren! Carroux schüttelt immer noch ungläubig den Kopf. Der Firma ist er deswegen treu geblieben – das Gerät, das jetzt in seiner Rösterei steht, ist nur eine Nummer größer als das erste. Hier passen etwa zehn bis zwölf Kilo Kaffeekirschen hinein, aus denen dann etwa acht Kilo Fertigware werden.

Im Angebot: Carroux Espresso und drei Sorten Filterkaffee

Geröstet wird immer montags und donnerstags in der Elbchaussee 583, nach Bedarf eventuell noch ein drittes Mal. Das macht Ulrich Carroux dann selbst. Oder sein 20-jähriger, ältester Sohn, der das Handwerk ebenfalls schon gelernt hat und nun in zweiter Generation Carroux-Kaffee macht. Es gibt nur vier Sorten: einen Espresso und drei Filterkaffees. Alle sind selbstverständlich 100 Prozent Arabica und sortenrein, erklärt Mitarbeiter Kolja Thomsen. Es gibt einen indonesischen Java Jampit, vollmundig-aromatisch, ein ganz klassischer Kaffee mit einer leichten nussig-schokoladigen Note. Dann den etwas dunkler gerösteten, würzigeren Yirgacheffee aus Äthiopien. Und einen milden, magenfreundlichen Maragogype aus dem südamerikanischen Nicaragua. "Mehr braucht's nicht", sagt Thomsen. Genauso wenig wie "die ganze Barista-Kultur", die er für "Quatsch" hält. Oder das Gerede der Nerds, die Kaffee mit Wein vergleichen. "Wir machen einfach guten Kaffee, ohne Schnickschnack. Und wir sind auch kein Café im klassischen Sinne, sondern eine Rösterei". Deswegen wird auch nach wie vor im Verkaufsraum geröstet, auch wenn das natürlich einen gewissen Geräuschpegel verursacht.

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Das Carroux ist in erster Linie eine Rösterei

Nichtsdestotrotz könnt ihr euren Kaffee direkt im Laden genießen. Was viele Blankeneser gerne und regelmäßig tun, entsprechend voll ist es hier immer. 2014 zog die Rösterei deshalb auch ein Haus weiter, seitdem gibt es im ersten Stock noch ein zusätzliches Zimmer, in dem ihr es euch gemütlich machen könnt. Oder auch nicht: "Die Einrichtung ist sehr schlicht und sachlich, ich selbst nenne es die Mensa von Blankenese", erklärt Carroux. Doch das ist so gewollt – das Carroux soll kein schickes Café sein, in dem ihr auch stundenlang brunchen könnt. Hier geht es nur um den Kaffee, zu dem ihr ein Croissant (roh importiert aus Frankreich und frisch aufgebacken), eine Rosinenschnecke oder ähnliches Gebäck oder morgens auch mal ein belegtes Brötchen essen könnt. Reinkommen, Kaffee trinken, kurz schnacken, weiter. Mehr nicht.

Die "Kaffeemode" ändert sich

Auch die Kaffeekarte ist recht überschaubar. Wo andere 47 verschiedene Kaffeegetränke anbieten, finden sich hier nur die Klassiker: Espresso, Americano, Crema, Cappuccino, Latte Macchiato. Alle werden aus dem Espresso gemacht, die Filterkaffees gibt es nur zum Mitnehmen – als ganze Bohne oder frisch gemahlen. Auch wenn das Carroux keinen Schnickschnack macht, muss die Rösterei doch wenigstens ein Zugeständnis an die aktuelle "Kaffeemode" machen. "Es ist interessant zu sehen, wie sich das im Laufe der Jahre und vor allem in Abhängigkeit von der Berichterstattung verändert", sagt Thomsen. Jetzt gerade sei es hip, den Kaffee mit Hafermilch zu trinken. Davor war es die laktosefreie Milch, davor Sojamilch. "Und bald ist es dann Mandelmilch, da verwette ich was drauf". Schon allein deswegen hält er nichts davon, Kaffee mit Wein zu vergleichen – schließlich hat jede "Milch"-Sorte einen Eigengeschmack.

Als Naturprodukt schmeckt Kaffee nicht immer gleich

Und dann ist da natürlich noch die Tatsache, dass es sich um ein Naturprodukt handelt. Auch wenn die Kaffeekirschen von ein und derselben Plantage kommen, schmecken die selbstverständlich immer mal ein bisschen anders, allein das Wetter vor Ort hat einen großen Einfluss. Darüber hinaus kommt es auf die Röstung an – die Temperatur, die Dauer – und schließlich das Brühen. Nehme ich ein bisschen mehr Pulver oder läuft das Wasser schneller oder langsamer durch, wirkt sich das auf den Geschmack aus.

Das Carroux setzt auf schonende Röstung bei niedriger Temperatur

Im Carroux wird übrigens bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen und schonend geröstet, damit der Geschmack möglichst gut erhalten bleibt. Grundsätzlich sei das Rösten keine Zauberei, sagt Kolja Thomsen. "Doch du brauchst eine Menge Erfahrung und Gefühl, wie mit dem Rohmaterial umzugehen ist." Eines ist sicher: Das haben sie bei Carroux Caffee.

Infos: Carroux Caffee, Elbchaussee 583, 22587 Hamburg

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