
Ein Jahr Hobenköök: Wie hat Hamburg die Markthalle angenommen?
Die Hobenköök ist Restaurant, Markthalle und Catering in einem. Im Juli 2018 hat dieses einzigartige Konzept eröffnet. Nach einem Jahr hat kiekmo ein Interview mit Initiator und Koch Thomas Sampl geführt.
Ob das wirklich funktioniert? Ein Jahr ist es nun her, dass die Hobenköök ihre Türen für Gäste und Kunden öffnete. Und so groß die Euphorie damals über dieses außergewöhnlich Projekt war: Es gab auch die Angst, dass die Hamburger Konsumenten für ein so zukunftsgerichtetes Projekt noch nicht bereit sind. Heute zeigt sich: Und wie sie es sind! Denn im Gespräch mit Initiator Thomas Sampl, früherer Küchenchef im Park Hyatt Hamburg und Vlet in der Speicherstadt, stellt sich heraus, dass es besser läuft als die Macher es zu träumen gewagt hatten.

Thomas, wie war das erste Jahr?
Sehr spannend! Wir waren wahnsinnig überrascht, dass das Konzept so gut angenommen wurde und dass so viele Menschen zu uns gekommen sind, um in der Hobenköök zu speisen und einzukaufen. Das hat uns in der Anfangsphase vor Herausforderungen gestellt, weil wir das in diesem Ausmaß nicht erwartet hatten. Wir mussten sehr schnell mit großen Menschenmengen zurechtkommen – sehr viel schneller als wir gedacht hatten – damit wir den Erwartungen der Kunden und Gäste auch gerecht werden konnten. Wir mussten vieles, was wir uns überlegt hatten, neu denken. Das Konzept immer wieder anpassen und perfektionieren. Wir haben am Anfang Dinge gemacht, die wirtschaftlich einfach nicht sinnvoll waren. Das mussten wir lernen und haben wir korrigiert.
Was zum Beispiel?
Den Mittagstisch unter 10 Euro zum Beispiel, einfach weil es vom Gast so gelernt ist, dass es ihn gibt. Das war aber großer Bullshit. Denn mit hochwertigen Lebensmitteln, bei denen die Produktion auch den Produzenten Spaß macht, kann man keinen Mittagstisch für so wenig Geld anbieten. Also haben wir nachberechnet, sind nicht viel teurer geworden, aber können ein Fleischgericht nun mit gutem Gewissen ab 14,50 Euro anbieten.
Von Anfang an war es Teil des Konzepts, das mit den Produkten gekocht wird, die es im Markt auch zu kaufen gibt. Funktioniert das?
Das funktioniert großartig! Tatsächlich bekommen wir alles verarbeitet oder verkauft, was wir im Markt haben – jeden Joghurt, jeden Apfel, jede Petersilie.
Du hast in sehr vielen Restaurants gearbeitet vor der Eröffnung der Hobenköök: Wie viel schmeißt ihr weg im Gegensatz zu den Küchen, die du von früher kennst?
Grundsätzlich will jeder normale Restaurantbetrieb die Menge minimieren, die er an Lebensmitteln wegwirft. Ich würde aber sagen 10 bis 15 Prozent wandern dort oft in die Tonne – einfach, weil du es nicht verkauft bekommst, wie du es geplant hattest. Das ist eine große Herausforderung für die Branche. Wir schaffen es aber tatsächlich, nur Kleinstmengen wegzuwerfen, etwa wenn jemand sein Gericht nicht aufgegessen hat. Das liegt natürlich daran, dass wir mittlerweile sehr viele Produkte selbst im Geschäft haben. Damit haben wir uns Strukturen geschaffen, von denen auch unser Catering wahnsinnig profitiert.
Inwiefern profitiert euer Catering davon?
Wir sind beim Catering immer davon ausgegangen, dass jeder Kunde ganz genau wissen möchte, was geliefert wird. Dem ist – zumindest bei unserem Konzept – aber nicht so. Vielen reicht es zu wissen, dass Qualität und Auswahl stimmen, so dass all ihre Gäste am Ende glücklich sind.
Hat euer Catering durch die Eröffnung der Hobenköök profitiert?
Ja, definitiv. Wir haben das Glück, dass wir mittlerweile größere und spannendere Veranstaltungen mit unserem Catering beliefern dürfen. Da sind Events dabei mit 500 bis 600 Gästen. Was sich – wenn man ehrlich ist – natürlich mehr lohnt als mit Enten-Bolognese für fünf Personen durch halb Hamburg zu fahren. (lacht)
Jeder, der mit dir spricht, spürt die Leidenschaft und Liebe, die in der Hobenköök steckt. Was fasziniert dich als Gastronom an diesem Projekt so sehr?
Wenn man als Catering- oder Restaurantbetrieb Waren bekommt, bedeutet das in Hamburg im Grunde ausschließlich, dass man sie von Zwischenhändlern bekommt. Und ich merke einfach, was für ein wahnsinniger Unterschied das ist, wenn man seine Produkte direkt beim Bauern kauft. Das ist ein ganz anderer, großartiger Geschmack. Und der kommt daher, dass alles natürlich produziert wurde.
Wie viele Gäste und Kunden habt ihr pro Tag?
Im Schnitt gehen hier etwa 500 Leute pro Tag essen. Bei Kunden ist es etwas schwieriger zu sagen. Von montags bis donnerstags könnten wir durchaus ein paar mehr Menschen vertragen. Da sind es etwa 200 Leute pro Tag, die hier einkaufen gehen. Freitags und samstags läuft es mit 400 bis 500 Kunden pro Tag schon ganz gut.
Werden auch die Veranstaltungen wie „Hoben-Schnack“ und „Musik und Stulle“ abends gut angenommen?
Tatsächlich ja, wahnsinnig gut! Wir sind häufig ausgebucht. Und viele Gäste, vor allem Stammgäste, die beim „Hoben-Schnack“ dabei sind, sind sehr gut informiert und wissbegierig. Wir haben hier tolle, kontroverse Diskussionen über die Lebensmittelbranche.
Hast du das Gefühl, dass das eine grundsätzliche Bewegung unter den Konsumenten ist, dass sie vieles hinterfragen?
Ja, sie wollen vieles wissen und sie haben von vielem die Schnauze voll. Wenn ich ein Foto auf Instagram poste, auf dem ein Produkt in einer Plastikverpackung zu sehen ist, bekomme ich dafür sofort Kritik. Und das zu Recht. Viele Dinge kann man relativ einfach ändern – früher wurde nur nie darüber gesprochen. Der Plastikverpackungsanteil bei uns ist sehr gering, da wir fast alles lose haben. Die Crux liegt manchmal bei kleinen Dingen wie der Umverpackung für Himbeeren. Da sind wir aber dran. Ziel ist es, bei uns komplett plastikfrei einkaufen zu können.
Was wünschst du dir für das zweite Jahr?
Erstmal, dass es so toll weitergeht, wie es angefangen hat. Wir werden im zweiten Jahr unseren Markt aber stärker in den Fokus rücken und da noch mehr daran arbeiten, die Geschichte zu erzählen, sodass es hier nicht nur ein gastronomisches Konzept wird. Denn es soll eine gelebte Idee werden, wie man in Zukunft so etwas gestalten kann – wie man einkaufen kann, wie man lokale Wirtschaft unterstützen kann, wie man lokale Produzenten unterstützen kann. Man sollte hinterfragen, ob es wirklich so gut ist, dass es in jeder Straße einen Edeka, Lidl und Aldi gibt. Wenn das so bleibt, bleibt das Geld beim Handel. Und ab einem gewissen Punkt leiden die Produzenten darunter. Denn auch, wenn der Handel sich auf die Fahne schreibt, immer regionaler zu werden, sehe ich kaum ernstzunehmende Bemühungen in diese Richtung.
Infos: Hobenköök, Stockmeyerstraße 43, 20457 Hamburg
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