
Wer hätte das gedacht? 10 spannende Fakten über die Reeperbahn
Reeperbahn, Kiez, St. Pauli. Eins unserer liebsten Fleckchen auf dieser Erde ist nicht nur Partymeile und Tourimagnet, sondern noch so viel mehr. Von den Paten, den Bunkern und Denkmälern bis zu der alten Stadtgrenze: Hier kommen zehn spannende Fakten über die Reeperbahn.
Von der Trockenwiese zur feucht-fröhlichen Partymeile
Am Wochenende ist der Hamburger Berg Ziel aller, die unkonventionell und divers bei dem ein oder anderen Bier oder Mexikaner feiern wollen. Zahlreiche Clubs und Kneipen öffnen dann ihre Türen und haben für jeden Musikgeschmack etwas zu bieten. Dass der Name daher kommt, dass hier in der Vergangenheit wirklich mal eine Art Berg war, ist euch wahrscheinlich nicht neu. Im Zuge der Neubefestigung der Stadt im 17. Jahrhundert wurde viel Material abgetragen und die Fläche geebnet. Die Redewendung "auf St. Pauli" besteht aber seitdem. Doch bevor der Hamburger Berg zum Vergnügen der Hamburger diente, war dieser Teil der Stadt in Privatbesitz. Graf Schauenburg schenkte das Areal 1429 der Gattin des Hamburger Bürgermeisters zum Dank ihrer Gastfreundschaft. Sie nutzte es als Trockenwiese für ihre Wäsche.
Paul McCartney in der Zelle
Dass die Beatles auf der Großen Freiheit ihre Karriere begannen, ist kein Geheimnis. Im Indra und im Kaiserkeller präsentierten die Jungs aus Großbritannien ihre Musik. Doch wusstet ihr, das Paul McCartney 1960 für eine Nacht in der Davidwache saß? Der Sänger und Bassist der Band soll gemeinsam mit dem damaligen Schlagzeuger Pete Best aus Wut gegen ihren Vermieter Feuer in der Unterkunft gelegt haben. Was genau passiert ist, ist nicht bekannt. Einige Quellen behaupten, die beiden Musiker hätten einen Wandteppich angezündet, andere besagen, dass es eine Art Gardinenschnur gewesen sei und wieder andere, dass McCartney und Best ein Kondom in Brand gesetzt hätten. Was es auch war, es führte dazu, dass sie nicht nur eine Nacht in der Zelle verbrachten, sondern auch Deutschland verlassen mussten. Im darauffolgenden Jahr kamen sie aber schon wieder zurück nach Hamburg.
Die Reeperbahn-Garagen
Heute stellt ihr hier euer Auto sicher ab, früher boten sie Schutz für bis zu 10.000 Menschen während des Krieges: die Reeperbahn-Garagen. Zentral gelegen auf dem Kiez, bietet das Parkhaus Stellplätze für bis zu 200 Autos. Mit dem direkten Zugang zum Spielbudenplatz landet ihr also direkt im Geschehen. Schon seit 1949 ist der ehemalige Bunker eine Tiefgarage und soll zu einer der sichersten in ganz Hamburg zählen. Doch einen Schutzraum gibt es auch heute noch auf der Reeperbahn. Die S-Bahnhaltestelle am westlichen Ende der Straße ist eine sogenannte Mehrzweckanlage und kann im Verteidigungs- oder Katastrophenfall Schutz für bis zu 4.500 Menschen bieten.
Hagenbecks war eigentlich mal auf dem Kiez
Der Tierpark Hagenbeck ist heute in Stellingen zuhause, den Ursprung hatte der berühmte Tierpark aber auf der Lincolnstraße auf St. Pauli. Hier erwarb Gottfried Claes Carl Hagenbeck, ein bekannter Fischhändler, 1848 sechs Seehunde, die er anschließend auf dem Spielbudenplatz in Holzbottichen zur Schau stellte – mit Erfolg. Die Hamburger erfreuten sich an den exotischen Tieren, Hagenbeck erweiterte seinen Tierhandel. Zunächst kaufte er Eisbären, Affen und Papageien, mit denen er sogar bis Berlin und Leipzig reiste. Sein Sohn Carl übernahm den Tierpark und zog vom Spielbudenplatz zunächst an den Neuen Pferdemarkt und 1907 schließlich an den heutigen Standort.
Der Haspa-Automat an der Ecke
Treffpunkt: Geldautomat. Das leuchtende Rot der Haspa erstrahlt an der Ecke zur Hein-Hoyer-Straße und war wohl schon für fast jeden Hamburger mal Treffpunkt, bevor der Abend auf dem Kiez startete. Oder seid ihr eher der Typ, der am Tresen der Barbarabar plötzlich nicht mehr genug Geld für den Mexikaner hat und schnell zum Automaten sprinten muss, um dann dort so lange anzustehen, bis man fast wieder nüchtern ist? So oder so ist der Haspa-Automat eine Legende in Hamburg! Und auch die Zahlen stimmen: Bis zu 29 Millionen Euro werden jährlich aus diesem und dem Zwillingsautomaten am anderen Ende der Reeperbahn gezogen – mehr als sonst irgendwo in Deutschland!
Die Paten und Luden von St. Pauli
An Orten, wo Alkohol, Sex und Drogen eine große Rolle spielen, haben oft einflussreiche Männer und Frauen ihre Finger im Spiel. In den 1950er- und 60er-Jahren, als der Kiez zu dem schummrigen, frivolen Ort wurde, den wir heute kennen, waren es Zuhälter und Drogenbosse, die über das Geschehen regierten. Die Paten und Luden von St. Pauli. Der erste Pate war Wilfried Schulz, genannt "Frida". Fast 20 Jahre lang war der ehemalige Hafenarbeiter der Boss auf dem Kiez, bis er 1982 ins Gefängnis kam und 1992 starb. Auf den ersten Paten folgten die nächsten Bosse, die GmbH. Eine Gruppe von vier Männern, die im Eros-Center das Sagen hatten. Schüsse, Messerverletzungen und Mord wurden immer häufiger, die Luden, also die Zuhälter, wollten sich gegenseitig den Rang streitig machen und ihr Revier verteidigen. Der schöne Klaus, Karate-Tommy und der Wiener Peter sind nur drei von vielen Kiez-Legenden, die ihr kennen solltet.
Und wer regiert heute?
Auch wenn heute nicht mehr die Paten über den Kiez stolzieren, gibt es im Hintergrund dennoch Gruppen und einzelne Männer, die das Sagen haben. Carsten Marek ist so einer. In den Achtzigern stieg er gemeinsam mit seinen "Hamburger Jungs" ins Rotlichtmilieu ein und wurde der Nachfolger der GmbH. Er betrieb das Eros-Center und machte viel Geld mit Prostitution. Nach einer Haftstrafe und der Einsicht, dass die goldenen Zeiten vorbei sind, ließ er ein Bordell in Hammerbrook bauen, das er noch heute betreibt. Außerdem ist er der Chef der Ritze. Doch auch heute gehören noch rund 50 Männer zu seiner Bande und regieren nach Aussage eines Milieufahnders der Polizei über Teile der Herbert- und Davidstraße.
Die Reeperbahn dient dabei als Grenze zwischen den einzelnen Gruppierungen. Im Süden, also auf der Seite von Hans-Albers-Platz und Herbertstraße regieren die Deutschen, auf der Seite von Großer Freiheit und Hamburger Berg die Südosteuropäer. Dazu gibts dann noch die Hells Angels, die von ihrer Stammkneipe "Champions" weitere Teile vom Kiez regieren. Welche Kneipen, Tätowierstudios und Bordelle von den Rockern geführt werden, erkennt ihr am rot-weißen Anstrichen.
Die Große Freiheit
Die große Freiheit ist für viele Feierwütige das El Dorado, wenns um Party, Alkohol und Exzesse geht. Der Name der sündigen Meile passt also perfekt. Doch namensgebend waren keineswegs die Clubs und Konzerthäuser, sondern die damalige Stadtgrenze. Dort, wo heute die Große Freiheit verläuft, war früher die Stadtgrenze zwischen Hamburg und dem damals dänischen Altona. Vor einigen Hundert Jahren galt in Dänemark eine Religions-, Gewerbe- und Zunftsfreiheit, die es in Deutschland erst wesentlich später gab. So kam es, dass viele Hamburger nach Dänemark zogen, wo sie freier leben konnten, doch im deutschen Hamburg arbeiteten. Die St.-Joseph-Kirche am Ende der Großen Freiheit erinnert noch heute an die Religionsfreiheit.
Als Hamburg noch ein Chinatown hatte
Das Hongkong Hotel auf dem Berg ist für viele Anlaufstelle Nummer eins, wenn es um Mexikaner und ausgelassene Partyabende geht. Nur die Wenigsten wissen, dass die Bar mit dem bunt leuchtenden Schriftzug das letzte Überbleibsel von Hamburgs Chinesenviertel ist. Ab etwa 1880 siedelten sich viele chinesische See- und Geschäftsleute sowie Migranten in St. Pauli an, die meisten an der Schmuckstraße. Es gab zahlreiche Geschäfte, Restaurants, Cafés und Tanzlokale. Doch die Machtübernahme der Nationalsozialisten führte zum Ende von Hamburgs Chinatown. Am 13. Mai 1944 nämlich stürmten 200 bewaffnete Beamte unter dem Kommando der Gestapo die Wohnungen, Läden und Kneipen rund um die Schmuckstraße. Ausnahmslos alle dort lebenden Chinesen wurden verhaftet.
Damit uns der Kiez erhalten bleibt
Hamburgs Altbauten und Häuser mit Geschichte machen die Stadt so besonders. Wenn ihr mal wieder auf der Reeperbahn unterwegs seid, schaut euch mal genau um: Auch hier stehen einige wunderschöne alte Häuser. Nicht wenige Gebäude auf der Reeperbahn, dem Hamburger Berg und den umliegenden Straßen sind denkmalgeschützt. Allein zwölf auf der Großen Freiheit, darunter die St.-Joseph-Kirche samt Pfarrhaus, das alte Schulgebäude, das Gruenspan und die Konzertlocation Große Freiheit 36. Auch auf dem Berg sind einige Gebäude geschützt, unter anderem das Gebäude, in dem der Elbschlosskeller zuhause ist.
Wunderschönes St. Pauli
Nicht nur wir sind ganz entzückt von dem Stadtteil, sondern auch einige Promis leben auf St. Pauli. Und wenn ihr von den spannenden Fakten hungrig geworden seid, kommen hier einige Restaurants auf St. Pauli, die ihr kennen solltet.
Unsere Texte, Tipps und Empfehlungen richten sich an alle, die sich für Hamburg interessieren. Deshalb bemühen wir uns um genderneutrale Formulierungen. Nutzen wir die männliche Form, dient dies allein dem Lesefluss. Wir denken aber stets Menschen aller Geschlechter mit.